Jan Westphal vom Zollamt Flughafen zeigt einige der in den vergangenen Tagen beschlagnahmten Lebensmittel. Fotos: Schütze Quelle: Unbekannt

Von Jan-Philipp Schütze

Stuttgart - Die Zollbeamten am Stuttgarter Flughafen haben nicht nur ein wachsames Auge auf den Schmuggel von Waffen und Drogen sowie die Einfuhr steuerpflichtiger Waren, sondern kontrollieren Reisende auch gezielt nach Lebensmitteln tierischer Herkunft. So soll verhindert werden, dass Tierseuchen aus Nicht-EU-Staaten nach Deutschland eingeschleppt werden.

Marc Barluschke hat mal wieder das richtige Gespür bewiesen. Soeben hat der Zollbeamte am Stuttgarter Flughafen das Gepäck einer Reisenden aus der Türkei kontrolliert und zwischen Kleidungsstücken verstaut ein großes Glas mit Honig ausfindig gemacht. Gemeinsam mit seiner Kollegin Nadja Lorenz nimmt Barluschke den Honig genauer in Augenschein und entdeckt kleine Wabenstückchen darin. Für die Reisende, die mit einem Flieger aus Istanbul nach Stuttgart gekommen ist, ein Problem. Denn mit ihrem Mitbringsel hat sie - offenbar unwissentlich - gegen die hiesigen Einfuhrbestimmungen verstoßen. Diese besagen, dass Reisende keine tierischen Lebensmittel aus Nicht-EU-Staaten oder Tiere unklarer Herkunft nach Deutschland einführen dürfen. Durch sie könnten Tierkrankheiten ins Land geschleppt werden, sagt Verbraucherminister Peter Hauk, der den Zollbeamten an diesem Tag bei der Arbeit über Schulter schaut. Aus der Türkei etwa könne die Tollwut wieder eingeschleppt werden, die hierzulande ausgerottet ist, so der Minister. Den Reisenden sei das oft gar nicht bewusst.

Ihren Honig muss die Frau nun an Ort und Stelle abgeben. Er wird beschlagnahmt und vorerst im Zollbereich des Terminals in einer Tiefkühltruhe eingelagert. In ihr befinden sich schon zahlreiche andere konfiszierte Lebensmittel, darunter jede Menge Käse sowie zwei in Folie eingeschweißte Hühnchen. Etwa einmal pro Woche wird der Inhalt abgeholt und in der Verbrennungsanlage in Stuttgart-Münster vernichtet. Für den Verwaltungsaufwand und die Entsorgung des Honigs muss die Reisende aus der Türkei eine Gebühr von 22,25 Euro zahlen, dann kann sie den Zollbereich verlassen. Zwischenzeitlich sind die Zollbeamten auch bei einem Mann aus Äthiopien, der ebenfalls im Flieger aus Istanbul saß, fündig geworden. In seinen zwei Reisetaschen, die beide randvoll mit Lebensmitteln sind, stoßen sie neben Nüssen, Getreide und Maismehl auch auf vier Kilo Käse und vier Kilo Schweinefleisch. Beides muss der Mann abgeben, in seinem Fall wird eine Gebühr von knapp 30 Euro fällig.

Rund 1700 Kilogramm Lebensmittel wurden in diesem Jahr bereits vom Zoll in Stuttgart beschlagnahmt. Im vergangenen Jahr waren es 3270 Kilogramm, ein Jahr zuvor 4300. Markus Wierich vom zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt Esslingen erklärt sich den Rückgang auch mit der zunehmenden Aufklärung der Reisenden. „Es spricht sich langsam herum, dass die Einfuhr dieser Lebensmittel nicht erlaubt ist.“ Auch bei lebenden Tieren - Haustiere sowie aus dem Ausland mitgebrachte Streuner - seien die Zahlen rückläufig. 200 bis 400 Tiere überprüft der Zoll pro Jahr, in diesem Jahr durften bislang vier Katzen und sechs Hunde nicht in die EU einreisen, weil sie die Gesundheitsanforderungen wie Tollwutimpfungen oder Blutuntersuchungen nicht erfüllten. „Da gibt es häufig Tränen“, sagt Jan Westphal vom Zollamt Flughafen. Werden die Tiere nicht wieder zurückgeflogen, müssen sie bis zu vier Monate in der Quarantänestation des Flughafens verbringen, was den Halter rasch bis zu 3000 Euro kosten kann.

Wer mit seinem Haustier außerhalb der EU verreisen wolle, sollte deshalb einen Heimtierpass mit allen nötigen Impfnachweisen vorweisen können, um Komplikationen bei der Heimkehr zu vermeiden, rät Veterinär Wierich. „Die Tollwutbekämpfung in Deutschland hat 25 Jahre gedauert“, sagt Christiane Renner, stellvertretende Leiterin des Referats für Tiergesundheit beim Agrarministerium. Zwei Drittel der Länder weltweit seien aber noch von Tollwut betroffen. Die Gefahr sei groß, dass sie über Hunde, Katzen oder auch Frettchen zurück nach Deutschland komme. Krankheiten wie die afrikanische Schweinepest oder die Maul- und Klauenseuche wiederum könnten sich hierzulande verbreiten, wenn Reste mitgebrachter tierischer Lebensmittel weggeworfen und von heimischen Wildtieren gefressen werden, so Renner.

Nach Auskunft des Ministeriums werden illegale Einfuhren von verbotenen Lebensmitteln am häufigsten bei Reisenden aus der Türkei, dem Kosovo, Russland, Serbien sowie Bosnien, Israel, USA und Marokko festgestellt. Besonders wachsam, so Hauk, sei man stets bei Ländern, bei denen nicht bekannt ist, ob es dort eine effektive staatliche Tierseuchenbekämpfung gab.