Foto: Steegmüller - Steegmüller

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Seit geraumer Zeit schleicht an Wochenenden eine dunkle Gestalt durch die Stuttgarter Innenstadt. Immer im Schutz der Dunkelheit. Sorgen um die eigene Sicherheit müssen sich Passanten dennoch nicht machen: Es handelt sich dabei um Batman. Regelmäßig schlüpft ein junger Mann in die Rolle des Superhelden. Als Kämpfer für Recht und Ordnung, wie es eben das Comic-Pendant tut, war er bislang jedoch noch nicht im Einsatz.

Kleinere Verbrechen habe er mit seiner imposanten Erscheinung aber dennoch schon verhindert, so Stuttgarts Batman. „Bisher habe ich einmal bei einer Schlägerei eingegriffen und die Streithähne auseinandergezogen sowie drei drohende Auseinandersetzungen im Keim erstickt“, sagt der 28-Jährige, der ursprünglich aus Oberkochen bei Aalen stammt und seit knapp einem Jahr in der Landeshauptstadt lebt. Seine Identität hält er wie das fiktive Original, der Milliardär Bruce Wayne aus Gotham City, geheim. „Ich möchte einfach unerkannt durch Stuttgart spazieren können, wenn ich mein Kostüm nicht an habe.“

In erster Linie schlüpft er in die Rolle des Superhelden, um sich neben seinem Studium an der Hochschule der Medien etwas Geld dazu zu verdienen. Bei seinen Streifzügen steht er nämlich Nachtschwärmern als beliebtes Fotomotiv zur Verfügung und lässt sich dafür mit einem beliebigen Trinkgeld entlohnen. „Die Leute werfen mir mal gar nichts, mal 20 Euro in mein Kässchen, meistens aber ein oder zwei Euro.“ An einem Abend kommen so um die 130 Euro zusammen, wenn es gut läuft auch mal 200 Euro. Dafür ist der maskierte Mann gerne auch mal bis 5 Uhr auf den Beinen. Vor allem an heißen Sommertagen sei das Batman-Dasein ein echter Knochenjob. „Alles ab 17 Grad ist in dem Anzug schon eine Zumutung. Erst gegen 2 Uhr wird es meistens kühler und angenehm, aber da muss ich eben durch.“ Regen störe ihn indes nicht. „Mein Umhang saugt sich zwar immer etwas mit Wasser voll, aber ansonsten ist das Kostüm wasserdicht“

Viel anstrengender als Wetterkapriolen seien Betrunkene. Mit steigendem Alkoholpegel erhöhe sich zwar auch das Interesse der Nachtschwärmer an Batman. „Wenn sie zu voll sind, wollen sie einen zum Teil nicht mehr weglassen, werden aggressiv. Das nervt.“ Noch schlimmer sei es gewesen, als er noch als Spiderman unterwegs gewesen ist. „Finanziell lief das eigentlich auch ganz gut, die Passanten hatten damals jedoch weniger Respekt vor mir in meinem Anzug.“ Er sei begrapscht worden und habe sich immer wieder despektierliche Sprüche anhören müssen. Das Outfit des Spinnenmannes sei qualitativ schlecht gewesen, habe nicht perfekt gesessen.

Das originalgetreue Batman-Kostüm, das großteils aus Latex besteht und rund 2000 Euro gekostet hat, strahle deutlich mehr Autorität aus. Um seinen Auftritt als „Bruce Wayne“ zu unterstreichen, schminkt er sich die Augenlider schwarz. Ein Drei-Tage-Bart oder auch nur kleine Stoppeln sind natürlich auch tabu. Mit tiefer Stimme, wie in den Verfilmungen üblich, spricht er indes nur manchmal. „Auf Dauer ist das zu anstrengend, wenn ich mich normal mit den Leuten unterhalte. Außerdem ist es viel zu laut in der Stadt.“

Trotz aller Kosmetik, den Querelen mit Betrunkenen und schweißgebadeten Abenden habe er nie ans Aufhören gedacht. „Bislang ist es der schönste Job, den ich je hatte“, so der Aalener. „Ich habe als Batman viele nette Menschen kennengelernt.“ Und auch Eindrücke, die er nie vergessen wird. Wie beispielsweise den kleinen kranken Jungen, den er in einem Krankenhaus besucht hat. „Er war so glücklich, mich zu sehen. Das war wirklich beeindruckend.“

Wer nicht am Wochenende in der Innenstadt auf den Mann im Fledermaus-Kostüm warten will, kann ihn auch buchen. Über Facebook ist er unter „Stuttgart Batman“ zu erreichen. Bald will er jedoch mit weiteren Superhelden einen eigenen Internetauftritt ins Leben rufen und auch in anderen Städten auftauchen. Die Domäne www.rent-a-superhero.de haben sie sich bereits gesichert. Aus einer Schnapsidee, die einst auf einer Kostümparty geboren wurde, könnte ein seriöses Geschäftsmodell entstehen. „Wer weiß, in anderen Ländern sind Superhelden sehr gefragt.“ In den USA bekomme ein Ironman-Klon bis zu 360 Dollar auf die Stunde. Ein Lohn von dem Stuttgarts Sittenwächter bislang nur träumen kann.