Seit 1972 ist Peter Albrecht (Mitte, neben Sohn Steffen Albrecht) auf der CMT präsent und berät Besucher zum Thema Kreuzfahrten. Quelle: Unbekannt

Von Andrea Eisenmann

Stuttgart - Am Stand von Christian Nussbächer scheint die Zeit spurlos vorübergegangen zu sein. Während nur wenige Meter weiter Messebesucher mit Hilfe von 3-D-Brillen in virtuelle Welten abtauchen, sucht man hier vergebens nach modernen Geräten. Knallige Farben? Berge von Prospekten? Ebenfalls Fehlanzeige. Die Wand des sechs Quadratmeter großen Standes ist in Dunkelblau gehalten und erinnert an einen Teppich. Plastikschilder mit Nussbächers Namen und dem seines Produkts sind daran befestigt. Der ältere Mann mit den Stoppelhaaren und dem Schnauzbart sitzt neben seinem Kollegen auf einem Stuhl, vor ihm steht ein voll beladenes Tischchen, auf dem kleine Fläschchen mit Industriekleber in unterschiedlichen Größen aufgestellt sind. Aufmerksam verfolgen ein halbes Dutzend Besucher, wie Nussbächer aus zwei auseinandergebrochenen Keramikstücken wieder eins macht. Er reicht das geklebte Plättchen an die Umstehenden weiter. „Sehen Sie bitte selbst.“ Seine Stimme erhebt er beim Sprechen nicht, die große Show ist nicht seine Welt. Und dennoch wird er auch an diesem Abend zufrieden nach Böblingen fahren und sich über einen sehr erfolgreichen Tagesabschluss freuen.

Nussbächer und die CMT verbindet eine lange „Beziehung“, die bereits 1970 auf dem Killesberg begann. Damals trug die Messe noch das Kürzel MSF, was für „Motor-Sport-Freizeit“ stand. Zwei Jahre später erfolgte die Umbenennung in CMT („Caravan Motor Touristik“). Aus seiner Tasche fischt der 69-Jährige ein Fotoalbum heraus. „1974“ steht auf der Rückseite eines Bildes. Zu sehen ist ein Mann in einem weißen Arbeitskittel, über dem ein roter Schlips baumelt. Dahinter parkt ein Fahrzeug. „Ein BMW 2800 CS“, sagt er stolz. In den ersten Jahren der CMT verkauft Nussbächer Pflegemittel für Autos. „Der Schwerpunkt der Messe lag damals noch auf den Fahrzeugen. Das mit dem Urlaub kam erst später so groß auf.“ Mitte der 1980er-Jahre steigt der selbstständige Geschäftsmann auf Industriekleber um, den er an drei Mini-Ständen vertreibt. „Das Gelände auf dem Killesberg war überschaubar und die Hallen - so wie heute - fast immer voll.“

An die beengten Platzverhältnisse kann sich auch Peter Albrecht noch gut erinnern. Vor allem beim morgendlichen Entladen war bei den Ausstellern Geduld gefragt. Bis zu einer Stunde Wartezeit konnte auf diese zukommen, bis sie mit dem Aufbau beginnen konnten. Allerdings, betont Albrecht, sei damals der Kontakt zwischen den Ausstellern intensiver gewesen, die Atmosphäre fast familiär. Nachdem die Messe abends ihre Pforten geschlossen hatte, wurde an manchen Ständen weitergefeiert. Es ist ein kleines Jubiläum, auf das der Ludwigsburger Reiseveranstalter „Karawane“ in diesem Jahr blicken kann. Seit 45 Jahren ist das Familienunternehmen auf der CMT präsent. Bis zu 16 Mitarbeiter in apfelgrünen Westen stehen dieser Tage an dem Stand in Halle 4, um die Besucher zu beraten. Bis zu 17 000 Kataloge und Broschüren werden in den acht Messetagen verteilt - das entspricht einem Gewicht von rund 4,6 Tonnen. In den ersten Jahren hingegen waren manchmal nur zwei oder drei Mitarbeiter an dem Stand vertreten, obwohl dieser auf dem Killesberg nur unwesentlich kleiner als heute ausfiel. „Damals waren auf der CMT noch die großen Airlines - wie Pan Am und Delta - als Partner mit von der Partie“, blickt der 78-jährige Senior-Chef zurück.

Aschenbecher an den Ständen

Mittlerweile liegt die Leitung der Firma mit Sohn Steffen Albrecht in der dritten Generation - auch er verbindet mit der CMT eine Vielzahl an Erinnerungen. „Was heute unvorstellbar ist: Früher durfte in den Hallen auf dem ehemaligen Messegelände noch geraucht werden. An fast allen Ständen befanden sich Aschenbecher, überall wurde gequalmt.“

2007 öffnete die CMT zum letzten Mal ihre Tore auf dem Killesberg, im Oktober ging dort mit der Messe „Babywelt“ eine jahrzehntelange Ära zu Ende. Und eine neue begann: Vom 12. bis zum 20. Januar 2008 wurde die Reise- und Freizeitmesse erstmals auf den Fildern abgehalten, die Ausstellungsfläche am Flughafen hatte sich gegenüber dem früheren Gelände fast verdoppelt. Eines hat sich jedoch auch in mehr als vier Jahrzehnten nicht verändert: Für Firmen wie „Karawane Reisen“ ist die CMT ein wichtiges Stimmungsbarometer dafür geblieben, wie die Urlaubssaison verlaufen wird oder welche Ziele besonders gefragt sind. Und auch beim Thema Pünktlichkeit sind sich die Schwaben in der ganzen Zeit treu geblieben. „Wenn es losgeht, strömen sie schlagartig um 10 Uhr alle herein - so wie sie es auf dem Killesberg um 9 Uhr getan haben“, sagt Peter Albrecht.

Auf 35 Messen im Jahr war Christian Nussbächer früher mit einem Stand vertreten, mittlerweile hat der 69-jährige Unternehmer die Zahl auf drei bis vier reduziert. Auf die Urlaubsmesse CMT will er aber auch künftig nicht verzichten. „Das mit uns geht doch schon seit so vielen Jahren gut“, sagt er schmunzelnd. „Da kann man nicht von heute auf morgen damit aufhören.“