Stuttgart (eh) - Jährlich sollen in Stuttgart 600 geförderte Wohnungen entstehen, davon 300 Sozialwohnungen. So lautet das bereits vor vier Jahren formulierte Ziel von Oberbürgermeister Fritz Kuhn. „Doch davon sind wir meilenweit entfernt“, moniert SPD-Fraktionschef Martin Körner. Die Genossen fordern deshalb einen Neustart der städtischen Wohnungspolitik.

Wer wenig verdient, hat es schwer, in der Landeshauptstadt eine bezahlbare Wohnung zu finden. Bei neu ausgeschriebenen Wohnungen liegen die Mieten mittlerweile bei rund zwölf Euro pro Quadratmeter. Die Folge: Normalverdiener, vor allem Familien, verlassen die Stadt, weil sie sich das Wohnen in Stuttgart nicht mehr leisten könnten, sagt Udo Lutz, wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Gemeinderatsfraktion. Öffentlich geförderter Wohnraum sei extrem knapp, weil Belegungsbindungen auslaufen: Gab es 1992 noch 22 000 Sozialwohnungen in der Stadt, sind es derzeit nur noch 16 000. Jährlich würden rund 450 Wohnungen entfallen - setze sich die Entwicklung so fort, werde es im Jahr 2020 nur noch 14 000 Sozialmietwohnungen geben.

Das Problem sei zwar erkannt, aber nicht behoben worden, meint Körner. „Die Förderbilanz des OB ist enttäuschend.“ 2016 sind Recherchen der Fraktions zufolge lediglich für 229 Wohnungen Förderanträge gestellt worden, darunter nur 97 für neue Sozialwohnungen. Auch die Zahl der fertiggestellten Wohnungen sei wenig ermutigend: Zwischen 2013 und 2016 seien es gerade 55 gewesen, so Körner. In diesem Jahr werde mit 150 Förderanträgen gerechnet, 247 Wohnungen sollen fertiggestellt werden.

Das erklärte Ziel werde also noch immer um Längen verfehlt. „Da muss dringend nachgesteuert werden“, meint der Fraktionschef. „Wir Sozialdemokraten schlagen einen Fünf-Punkte-Plan für einen Neustart in der Wohnungspolitik vor.“ Die zentrale Forderung: Die Stadt müsse wieder Akteur auf dem Wohnungsmarkt sein. In den nächsten fünf Jahren soll sie 250 Millionen Euro, die sie heute auf dem Kapitalmarkt anlegt, in den Kauf von Grundstücken - bebaute wie unbebaute - stecken, fordert die SPD. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft SWSG solle damit die Zahl ihrer Wohnungen von derzeit 19 000 auf 30 000 erhöhen. Das wären dann zehn Prozent aller Wohnungen in Stuttgart - eine Größenordnung wie sie andere Städte längst hätten, so Körner. Die Aufstockung sei bitternötig, schließlich würde auch viele städtische Mitarbeiter und Azubis bezahlbare Wohnungen suchen.

Nach Ansicht der Fraktion sollten zudem beim Neubau die Vorgaben für preiswerte Wohnungen erhöht werden: Die sogenannte SIM-Quote sollte von jetzt 20 auf 30 Prozent angehoben werden. Auch die Förderung im Bestand müsse ausgebaut werden. Dieses Instrument zeige als einziges Wirkung, so Körner: So seien im vergangenen Jahr insgesamt 83 bestehende Wohnungen in die Miet- und Belegungsbindung gekommen.

Die Genossen sprechen sich auch dafür aus, dass Wohnungsbaugenossenschaften beim Verkauf städtischer Grundstücke verstärkt zum Zuge kommen. „Sie müssen mehr als Partner der Stadt in der Wohnungspolitik begriffen werden“, meint Körner. Immerhin würden sie insgesamt rund 19 000 Wohnungen anbieten, also genauso viele wie die SWSG. Zudem plädiert die Rats-SPD für „kluge Nachverdichtungen“ und neue Bauflächen am Rande der Stadt. Um Potenziale bestmöglich auszuschöpfen, wird eine regionale Wohnungsbaugesellschaft angeregt. Und schließlich fordert die Fraktion, Mieter durch Erhaltungssatzungen stärker zu schützen. Quartiersentwicklungen sollten sozial verträglich gestaltet werden.