Eine Bettlerin in der Königstraße: Gegen professionelle Banden gehen Stadt und Polizei verstärkt vor. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Das verstärkte Vorgehen der Stadt und der Polizei gegen Bettler in der Stuttgarter City zeigt nach Einschätzung von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer Wirkung. Die Szene sei nicht mehr so präsent wie im Vorjahr. Gleichwohl sei eine Verlagerung an andere Orte feststellbar.

Von Elke Hauptmann

„Inakzeptable Zustände“ haben die CDU im Gemeinderat auf den Plan gerufen. „Wir haben den Eindruck, dass sich die Situation aus dem Vorjahr nicht nur wiederholt, sondern intensiviert“, sprach Stadtrat Philipp Hill gestern im Ausschuss für Umwelt und Technik die Probleme mit den aus Bulgarien, Rumänien oder der Slowakei stammenden Sinti und Roma an, die sich in der Königstraße und den angrenzenden Grünanlagen niedergelassen haben und zum Ärger vieler Passanten und Anwohner im Park ihre Notdurft verrichten, ihre Wäsche in den Brunnen waschen und Müll hinterlassen. Die Fraktion hatte die Stadtverwaltung vor wenigen Wochen aufgefordert, härtere Maßnahmen gegen Campieren im Schlossgarten und aufdringliches Betteln in den Fußgängerzonen zu ergreifen.

Dabei haben Stadt und Polizei den Druck auf die Roma bereits verstärkt. Wie Volker Weinstock, der Leiter des Reviers Wolframstraße berichtete, zeige man seit Jahresbeginn verstärkt Präsenz in der Stuttgarter City - freilich nicht allein wegen der Roma. Die Präventionsarbeit sei Teil des Stuttgarter Sicherheitskonzeptes. Jeden Tag von 7 bis 22 Uhr, freitags und samstags sogar bis 6 Uhr würden 25 Kollegen zusätzlich im Einsatz sein. Sie hätten seither 17 500 Personenkontrollen durchgeführt, 884 Straftaten verfolgt und 400 Ordnungswidrigkeiten festgestellt, 1800 Platzverweise erteilt und 150 Festnahmen vorgenommen. Auch das Ordnungsamt lässt seit Mai tagtäglich vier zusätzliche Mitarbeiter des Städtischen Vollzugsdienstes in der City Streife laufen.

Das Problem seien nicht einzelne Personen, es seien die straff organisierten Clans, so Weinstock. Den Erkenntnissen der Polizei zufolge werden die vorgeschickten Bettler von „Einsammlern“ abkassiert, die zum Teil beträchtliche Beträge anhäufen und ins Ausland transferieren. Sie selbst würden von dem Geld, das Passanten ihnen geben, nichts sehen. „Wer da glaubt, Gutes zu tun, der irrt“, stellte Schairer klar. „Hier werden Menschen in Not missbraucht.“ Und deshalb gehe man auch mit aller Härte gegen professionelles Betteln vor. Hatte man bis vor kurzem den Bettlern noch 15 Euro am Tag belassen, so würde ihnen nun bei Kontrollen über das Bußgeld hinaus die gesamte Tageseinnahme abgenommen.

Es sei wichtig, klare Grenzen aufzuzeigen, verteidigte Sozialamtsleiter Stefan Spatz die restriktive Strategie der Stadt: Diese gewähre weder finanzielle Hilfen noch bringe sie die Roma in Unterkünften unter. Das Ausnutzen sozialer Leistungen wolle man verhindern, heißt es. Gleichwohl biete man ihnen eine Rückkehrerunterstützung an. Seit März des Jahres gebe es eigens ein Beratungsangebot für zugewanderte Obdachlose aus dem Ausland. Bis Ende 2018 sind zwei Stellen dafür bewilligt. Denn das Thema Armutsmigration werde die Stadt noch eine ganz Weile beschäftigen, ist Schairer überzeugt.

Man setzt darauf, dass sich das harte Vorgehen herumspricht und weniger Bettlerbanden nach Stuttgart kommen. „Die Frage ist natürlich, wie lange wir diese gewaltige Kraftanstrengung leisten können“, so Weinstock. Seiner Einschätzung nach hat sich der Einsatz schon gelohnt: Die Lage in der Innenstadt habe sich entspannt, die Grüppchen seien kleiner geworden, die Beschwerden über die Lager der Bettlerbanden weniger. Allerdings stelle man eine leichte Verlagerung der Szene an andere Orte fest. „Es ist aber kein Schwerpunkt erkennbar.“