Quelle: Unbekannt

Von Jan-Philipp Schütze

Stuttgart - „Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten - verkauft!“ Ein Satz, den auch die Mitarbeiter des Landesmuseums Württemberg immer mal wieder zu hören bekommen. In unregelmäßigen Abständen nehmen sie an Kunstauktionen teil, um Objekte für die Sammlung zu ersteigern. In den meisten Fällen handelt es sich um Auktionen in Deutschland, aber es gibt zum Teil auch spektakuläre Ausnahmen, wie beispielsweise ein wertvolles Porträt der Königin Olga. „Das wurde für rund 1,6 Millionen Euro bei Christie’s in London ersteigert“, sagt Matthias Ohm. Der 46-jährige Kurator für Münzkabinett, Waffen, Militaria und Landeskunde ist für das Landesmuseum immer wieder bei Auktionen aktiv.

„Grundsätzlich sind wir an allen Versteigerungen interessiert, bei denen für uns relevante Objekte angeboten werden“, sagt Ohm. Der letzte Auktionserfolg liegt noch gar nicht so lange zurück. Im Herbst vergangenen Jahres erwarb das Museum bei einer Versteigerung das Gemälde „Württemberg in der Neuzeit“ (1891-1894), das einst die König-Karl-Halle des Landesgewerbemuseums (das heutige Haus der Wirtschaft) zierte. Für die Geschichte des Landesmuseums sei das Gemälde von großer Bedeutung, sagt Ohm, schließlich seien ein großer Teil der Sammlungen des einstigen Landesgewerbemuseums in den 1960er-Jahren ins Landesmuseum gekommen. „Viele dieser Objekte, die wir seitdem betreuen, waren also unter dem Gemälde präsentiert.“

Welche Objekte für eine Ersteigerung infrage kommen, sei durch das Sammlungskonzept des Hauses festgelegt, so Ohm. Schon bei der Gründung des Museums als „besondere Sammlung vaterländischer Kunst- und Alterthumsdenkmale“ im Jahr 1862 wurde angestrebt, dass die Sammlung zunächst Kunstwerke „aus dem engeren Vaterlande“ umfassen sollte, aber „auch Denkmale aus anderen, insbesondere deutschen Ländern nicht ausgeschlossen bleiben“ sollten. Ihre „zeitliche Ausdehnung“ sollte „alle Zeiträume der vaterländischen Geschichte und alle Stufen der kulturgeschichtlichen Entwicklung“ umfassen. Diesen Leitlinien von 1862 fühlt sich das Landesmuseum heute noch verpflichtet. „Wir kaufen ein Objekt wegen seines landes- und kulturgeschichtlichen Wertes“, erläutert Ohm.

Insgesamt stehe im Jahr ein niedriger fünfstelliger Betrag für Neuerwerbungen zur Verfügung, sagt Ohm. Da es für größere Anschaffung kein Budget im laufenden Betrieb gebe, müssten die nötigen Mittel bei der Museumsstiftung des Landes Baden-Württemberg beantragt werden. Die Stiftung wird gespeist aus Spielbankabgaben und Landesmitteln, vom Ankaufsetat profitieren neben dem Landesmuseum Württemberg auch die Staatsgalerie und das Linden-Museum in Stuttgart, die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe und das Badisches Landesmuseum. Eine zweite Möglichkeit sei der Zentralfonds für die Anschaffung von Spitzenwerken für die Staatlichen Kunstsammlungen, der teilweise aus Lotto-Mitteln gespeist wird. Mit Hilfe dieses Zentralfonds konnte das Landesmuseum in den vergangenen zwei Jahren rund 80 000 Euro bei Auktionen ausgeben. Was mit dem Geld ersteigert wurde, lässt sich unter anderem in der Schausammlung „LegendäreMeisterWerke“ im zweiten Obergeschoss des Alten Schlosses begutachten. Dort ist eine ganze Reihe von Objekten zu sehen, die mit Zentralfondsmitteln angekauft wurden. Sie sind in der Objektbeschriftung mit dem Zusatz „Erworben mit Lotto-Mitteln“ gekennzeichnet, darunter das bei Christie’s ersteigerte Porträt der Königin Olga oder auch eine Medaille auf die Geburt des Kronprinzen Karl aus dem Jahr 1823. Bei dieser hatte das Landesmuseum erfolgreich gegen einen telefonischen Sammler aus Russland geboten.

Ebenfalls bei einer Auktion erworben wurden zwölf silberne Tellerchen und Dessertweingläser mit Wilhelm-II.-Monogramm (um 1900). „Diese Objekte stammen aus dem königlichen Hofservice. Als sie auf der Auktion angeboten wurden, konnten wir auf Mittel der Gesellschaft zur Förderung des Landesmuseums Württemberg zurückgreifen“, berichtet Ohm. „Wird in einer Auktion ein interessantes Objekt angeboten, müssen wir manchmal schnell handeln. In diesem Fall ist die Fördergesellschaft ganz kurzfristig eingesprungen.“ Bei den Auktionen bekommen die Mitarbeiter des Landesmuseums immer wieder auch die wachsende Konkurrenz durch Privatsammler zu spüren. Er habe den Eindruck, so Ohm, dass das Bedürfnis nach haptischen Werten, wie eben Kunstobjekten, größer geworden sei. Wenn es bei Versteigerungen zum Wettstreit mit Privatbietern kommt, ist jedoch Selbstdisziplin gefragt.

„Wir können keine Mondpreise aufrufen, sondern müssen uns am Marktpreis orientieren“, sagt Ohm. Auch wenn das bedeutet, am Ende womöglich leer auszugehen. So wie bei einem Porzellan-Elefanten aus der Porzellanmanufaktur Ludwigsburg (um 1763/65). „Für die Ersteigerung dieses Objekts hatten wir Mittel beim Zentralfonds beantragt, wurden bei der Auktion allerdings überboten“, erinnert sich Ohm. Mit dem Ersteigerer, einem Sammler, sei man aber in Kontakt geblieben, was doch noch zu einem versöhnlichen Ende führte. „Er hat uns einige Jahre später das Stück dann zu dem Preis angeboten, der auf der Auktion erzielt wurde.“ Heute ist der Porzellan-Elefant im Keramikmuseum im Schloss Ludwigsburg ausgestellt.

Auch in Zukunft wird sich das Landesmuseum weiter an Auktionen beteiligen. Schließlich gibt es nach wie vor Lücken in der Sammlung, die die Kuratoren gerne schließen wollen. So verfüge man zwar über viele Porträts von Adeligen, aber über vergleichsweise wenige Darstellungen von Bürgerlichen, sagt Ohm. „Es gibt so viel Schönes, das wir gerne noch haben möchten.“