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Stuttgart (jps) – Auf dem Cannstatter Volksfest sind in diesem Jahr 22 Sexualstraftaten angezeigt worden – elfmal so viele wie im Jahr zuvor. Der große Anstieg ist auf den ersten Blick durchaus besorgniserregend. Bei der Stuttgarter Polizei warnt man allerdings davor, die falschen Rückschlüsse zu ziehen.

„Ob tatsächlich mehr passiert ist, kann man so nicht sagen“, betont Polizeisprecher Jens Lauer. Zum einen seien die zwei im Vorjahr anzeigten Delikte der mit Abstand niedrigste Wert seit Jahren gewesen. Bei früheren Volksfesten seien mal fünf oder sechs, einmal auch neun Sexualstraftaten zur Anzeige gebracht worden. Zum anderen sei die Dunkelziffer bei Sexualstraftaten auf dem Wasen erfahrungsgemäß recht hoch.

Der deutliche Anstieg in diesem Jahr sei wohl vor allem auf die gesunkene Toleranz gegenüber sexuellen Übergriffen zurückzuführen. Nach den Vorfällen in der Silvesternacht in Köln und der folgenden öffentlichen Debatte seien die Menschen stärker für das Thema sensibilisiert, die Opfer seien viel eher bereit, überhaupt eine Anzeige zu erstatten. „Die Frauen lassen sich weniger gefallen“, sagt Lauer. Zudem seien in diesem Jahr mehr Polizisten auf dem Wasengelände im Einsatz gewesen, weshalb wahrscheinlich auch mehr Frauen direkt zu den Beamten gingen, um Übergriffe zu melden.
Bei den in diesem Jahr angezeigten Delikten reiche die Bandbreite von Grapschereien und sexueller Beleidigung bis hin zu sexueller Nötigung, so Lauer. Die Übergriffe hätten sich oft aus der Feierlaune heraus ereignet, zum Teil sei viel Alkohol im Spiel gewesen. In einem Fall ermittle die Polizei wegen des Verdachts auf Vergewaltigung einer 15-Jährigen. Die Jugendliche soll den 20 Jahre alten mutmaßlichen Täter vor einem Festzelt kennengelernt haben. Zunächst sei es zwischen den beiden zum einvernehmlichen Austausch von Zärtlichkeiten gekommen, dann soll der junge Mann jedoch zu weit gegangen sein. Die 15-Jährige erstattete indes nicht schon in Stuttgart Anzeige, sondern erst in ihrer Heimat im Badischen.
So wie der 20-Jährige seien auch die anderen Tatverdächtigen in den meisten Fällen bereits identifiziert worden, so Lauer. Die Nationalitäten der mutmaßlichen Täter seien bunt gemischt, teilweise handele es sich um Männer, die die Frauen auf dem Wasen kennengelernt und mit ihnen gefeiert hatten. In einem Fall habe ein Mann Anzeige erstattet – er soll von einer Frau mehrfach unsittlich berührt worden sein.