Mit einem Rammbock wurde mit vereinten Kräften der beteiligten Zünfte das Narrenschloss gestern erobert. Quelle: Unbekannt

Mit Sturm und Regen haben sie sich gestern angekündigt, die Hofener Narren, als sie sich aufmachten, das Rathaus in Mühlhausen zu erstürmen. Längst schon warteten die Schlossgeister mit den anderen Fasnetszünften wie den Ägger-Orks, der Narrenzunft Eschbachwald und den Ghost-Busters. Und der Schlossherr, Schultes Ralf Bohlmann, hatte sich schon gut vorbereitet auf den Narrensturm.

Von Iris Frey

„A guats Wetter hab Ihr mitgebracht“, rief er den Narren zu, als der Wind nur so um das Schloss pfiff. Doch alle kamen wohlbehalten vor dem Narrenschloss an und wurden begrüßt: Die Eschbachwälder, die Ägger-Orks, der Bossel-Club, die Knollenbäuche aus Münster. Dann wollte er sie alle wieder heimschicken, der Schultes. Doch nichts da. Die Narren ließen sich nicht aufhalten, auch nicht von Sturm und Regen. Sie nahmen kurzerhand den Rammbock und nach wenigen Augenblicken hatten sie es geschafft. Die Tür zum Schloss war durchbrochen. Und schon wurde er hervorgeholt: Ralf Bohlmann im Sträflingsanzug mit Kugel am Bein.

Kein Erbarmen. Der Schultes musste auf die Anklagebank. Jetzt führten die Narren die Regie, unter anderem mit Silke von den Scillamännle und dem Mühlhäuser Schlossherrn Markus I. Der Richter eröffnete das Narrengericht gegen „den Ober-Rathaussesselfurzer Ralf Bohlmann“. Erste Lacher inbegriffen. Die närrische Besucherschar vor dem Palmschen Schloss freute sich.

Ankläger, Bembe der Beinharte von den Scillamännle, las die neun Anklagepunkte vor. Edda Reiter, stellvertretende Rathaus-Chefin, als Prinzessin verkleidet, übernahm überzeugend und engagiert die Verteidigung für ihren Chef. Und der Angeklagte? Er konnte nicht immer seinen Mund halten. Der Richter wies ihn sofort zurecht: „Du fängst ja schon gut an, wir sind hier nicht im Rathaus, du schwätzt nur, wenn du gefragt wirst, sonst gibt‘s eine Ordnungsstrafe.“

Zur Anklage gehörten nicht nur Einordnungen wie „Du Kuhnscher Hilfsdriebl“, sondern auch Vorwürfe, dass es in Neugereut nicht sauber ist. Alle Rathausmitarbeiter sollen hier samt Bezirksbeiräte mal putzen. Freitagnachmittags. Reiter widerspricht: Da habe der Chef keine Zeit, da sei er Golfen.

In Hofen wird ihm vorgeworfen, dass zum Kelterplatz zwar geplant, aber nichts gemacht wird. Außerdem gebe es eine Parkplatznot. Reiter schlägt ein Parkhaus auf dem Kelterplatz vor. Außerdem fehlt Hofen der katholische Seelsorger. Der Schultes möge auch kirchlich trauen. Der Angeklagte ist mal wieder vorlaut und erhält ein Viertele als Strafe eingeflößt. Dem nicht genug. In Mühlhausen ist er angeklagt wegen des katastrophalen Verkehrs auf der Kreuzung Mönchfeldstraße. In Mönchfeld wird ihm vorgeworfen, dass der neue Wochenmarkt nicht läuft. Er soll dort selbst Gemüse verkaufen. Der Bestechungsversuch des Schultes mit Butterbrezeln gelingt nicht. Der neunte Anklagepunkt: Die katholische Kirche in Mönchfeld wird verkleinert. Das Gericht urteilt am Ende, alle Punkte seien berechtigt. Die Strafe: Ein Jahr Kerker im Mühlhäuser Bunker, ein Büßergewand aus allen Zünften, das er heute beim Umzug in Hofen tragen muss, die Kosten des Verfahrens: Bierdeckel des Richters und Anklägers im Rössle zahlen. Das Publikum applaudiert. Die Verhandlung - ein Vergnügen. Gemeinsam wird mit den Scillas „Blüh auf“ gesungen. Da stört auch der weiter heftig wehende Wind nicht. Die Narrenkinder haben jetzt den größten Spaß: Sie dürfen den Schultes mit Federn bewerfen und zum neuen „Federerhannes vom Stadtbezirk“ befördern.