(red) - Die nächste Ausstellung im Muse-o wirft ihre Schatten voraus. „Historismus im Stuttgarter Osten“ ist das nur scheinbar komplizierte Thema. Es geht einfach um Bauten, die sich an historischen Stilen orientieren - und um Gegenstände des Alltags, die ebenfalls diese Stilmischung zeigen. Die sucht der Verein derzeit noch.

In der sogenannten Gründerzeit nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 und nach der Gründung des Deutschen Reiches entwickelte sich auch Württemberg rasant. Französische Reparationszahlungen flossen ins Land, ein Wirtschaftsaufschwung mit entsprechendem Bauboom war die Folge. In Stuttgart wuchsen in dieser Zeit ganz neue Stadtquartiere, etwa der Westen. Und auch im Osten füllten sich die Räume zwischen den alten Dörfern Berg, Gaisburg und Gablenberg mit neuen Bauten: der Siedlung Ostheim und zahlreichen kleineren Ortserweiterungen.

Die Architekten und Bauwerkmeister, die diese Neubauten planten, griffen oft auf Stile der Vergangenheit zurück, die sie teils wild mischten: Die Romanik, vor allem aber die Renaissance und die Gotik mussten als Vorbilder herhalten. Glücklicherweise waren weder die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges, noch Abrisse der Nachkriegszeit im Stuttgarter Osten flächendeckend, sodass viele der historistischen Bauten heute noch stehen. Der Buchhändler Jörg Kleinbeck, der für Muse-o vor einigen Jahren auch schon die Ausstellung über den Jugendstil hier zusammengestellt hat, hat sich nun dieses Architekturthemas angenommen. Er hat es recherchiert, die Gebäude fotografiert und die beschreibenden Texte verfasst.

Die Verantwortlichen bei Muse-o waren überrascht, wie vielfältig das bauliche Erbe jener Zeit noch heute ist. Es beginnt bei den berühmten Beispielen wie der Villa Berg im Neorenaissance-Stil oder der neugotischen Berger Kirche, die beide die ersten ihrer Art in Württemberg waren. Es führt weiter über weitere öffentliche Bauten wie die Lukas- oder die Petruskirche, das Garnisonslazarett (heute Kulturpark Berg), die Ostheimer Kinderkrippe (heute Verwaltung des Bau- und Wohnungsvereins) oder das Wera-Heim bis hin zu Villen und einfacheren Wohnhäusern in nahezu allen Stadtteilen des Bezirks. Teils zeigt dabei das gesamte Gebäude die entsprechenden Stilmerkmale, teils sind es nur einige Baudetails.

Nun war der Historismus nicht auf die Architektur beschränkt. Die Gestalter am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts griffen auch bei Möbeln und Heimtextilien, Gläsern und Keramikarbeiten, Kleidung und Accessoires, Typografie und Buchgestaltung auf geschichtliche Vorbilder zurück. Auch diesen Aspekt möchten die Muse-o-Ausstellungsmacher zeigen und rufen nun die Bevölkerung auf, ihnen entsprechende mögliche Exponate anzubieten. Im Moment liegen beispielsweise ein Bierhumpen aus der Zeit um 1900 in mittelalterlichem Stil und ein Stuhl von etwa 1880 mit „Renaissance“-Schnitzereien vor. Da die Planungen schon weit fortgeschritten sind, bittet das Muse-o um baldige Meldungen, per Mail an ausstellungen@muse-o.de. Das perfekte Angebot enthält ein Foto und nennt die Maße.