In diesem Bereich soll in den Wagrainäckern ein Renaturierungsgebiet unter dem Namen „Ikone“ verwirklicht werden. Streit gab es im Bezirksbeirat Mühlhausen bei der Frage der regelmäßigen Pflege. Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

Zum Ikone-Projekt in den Wagrainäckern gab es zuletzt eine eingehende Diskussion im Bezirksbeirat über die erforderliche Begleitung und Pflege des Projekts. Nun hat Elisabeth Bender vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung sich dazu geäußert.

Warum gibt es bislang keine Pflegegelder für die Projekte, wie etwa das Ikone-Projekt?

Bender: Durch das Projekt Ikone werden vielfältige Lebensbedingungen für verschiedene, überwiegend an Feuchtbiotope gebundene Lebensgemeinschaften geschaffen. Der Artenreichtum ergibt sich durch ein vielfältiges Angebot an Habitatstrukturen wie Flach- und Tiefenwasserzonen, Schilfzonen, Sträucher und Bäume, Rohbodenstandorte, Totholzstrukturen, Hochstaudenfluren, Habitate im Übergangsbereich Land-Wasser durch lange Uferlinien, eine Steilwand und trockenere Böschungsbereiche.

Wie soll eine Artenvielfalt gesichert werden oder sich ausbilden, wenn keine regelmäßige Pflege des Gebiets erfolgt?

Bender: Das Projekt Ikone ist so angelegt, dass sich das Feuchtbiotop nach Herstellung mit Initialpflanzungen zunächst unbeeinflusst entwickeln kann. Bis das Feuchtbiotop als Ganzes seine ökologische Funktion erfüllen kann, werden mindestens fünf bis zehn Jahre vergehen. Im Gegensatz zu einer städtischen Grünfläche, die in einem einmal hergestellten Zustand erhalten werden soll, ist es das Ziel für das Ikone-Projekt, die natürliche Entwicklung - ohne Eingreifen des Menschen - zuzulassen.

Wie steht es da mit den Pflegemaßnahmen?

Bender: In diesem Zeitraum sind Pflegemaßnahmen nur in begrenztem Umfang erforderlich: Freihalten der Pflegewege (Schotterrasen), (erstmalig voraussichtlich nach fünf Jahren erforderlich), Mahd der Wiese im Bereich der Aufenthaltsfläche sowie entlang des Geh- und Radweges auf dem Neckardamm (jährlich, erfolgt bereits jetzt), Offenhalten der CEF-Flächen für die Zauneidechse (jährlich), Ausräumen des Sedimentbeckens (je nach Bedarf, gegebenenfalls jährlich), Verkehrssicherung der Gehölze am Geh- und Radweg (bereits heute ohne Projekt erforderlich). Bei Bedarf: Bekämpfung von Neophyten wie an anderen Gewässerstrecken in Stuttgart auch. Mittel für die Pflege sind daher zunächst nur in begrenztem Umfang erforderlich. Sie werden mit dem für das erste Quartal 2017 geplanten Projektbeschluss dem UTA vorgelegt und zum entsprechenden Doppelhaushalt (voraussichtlich Doppelhaushalt 2020/21) über eine Erhöhung des Budgets des unterhaltenden Amtes beantragt. Begleitend zum Projekt soll es ein Monitoring geben. Nur wenn sich unerwünschte Entwicklungen abzeichnen, soll steuernd eingegriffen und eine gewisse Auendynamik simuliert werden. Dies kann zu einem späteren Zeitpunkt beispielsweise auch die Auflichtung von Gehölzen oder das Freistellen von Rohbodenstandorten beinhalten. Die eventuell erforderlichen Pflegemaßnahmen sind in einem Pflegeplan dargestellt.

Wie viele Schwarzpappeln müssen am Neckar versetzt werden? Wie alt und wie groß sind diese Schwarzpappeln?

Bender: Für das Projekt Ikone-Wagrainäcker - Naturoase Auwiesen müssen vier Schwarzpappeln versetzt werden. Die Bäume sind zirka acht bis zehn Meter hoch und alle noch im Jugendstadium. Die Verpflanzung erfolgt komplett mit Wurzelballen, sodass ein schnelles Anwachsen am neuen Standort gegeben ist. Die Schwarzpappeln werden an einen Standort versetzt, der den Standortansprüchen der Art (gute Wasserversorgung, wechselfeucht) deutlich besser gerecht wird als die heutigen Standorte der Bäume.

Wie viele Bäume müssen etwa gefällt werden?

Bender: Für das Projekt müssen nach derzeitigem Planungsstand zwei kleinere Bäume im Bereich der Wiese sowie möglicherweise ein Baum für den Beobachtungssteg am Geh- und Radweg entfallen. Für die Baustellenzufahrt muss voraussichtlich kein Baum gefällt werden. Dies wird im Rahmen eines Landschaftspflegerischer Begleitplans, der derzeit erstellt wird, detailliert geprüft. Für die Erweiterung des Geh- und Radwegs auf vier Meter Breite werden keine gesunden Bäume gefällt. Die Verbreiterung wird erst dann realisiert, wenn die bestehende Baumreihe aus Altersgründen abgängig ist.

Welche Vogelansiedelung erwarten Sie?

Bender: Durch die hohe Strukturvielfalt des Plangebiets mit Flach- und Tiefenwasserbereichen, Röhrichtzonen, Gebüschstrukturen, hochwüchsigen Einzelbäume, Inseln und einer Sandsteilwand entsteht eine Vielzahl an Lebensraumstrukturen. Neben Habitaten für Sing- und Wasservögel werden auch Habitate für Schreit-, Specht- und Greifvögel geschaffen. Dabei handelt es sich um Bruthabitate, aber auch um Nahrungs- und Rasthabitate. Ähnlich wie am Max-Eyth-See nebenan ist es möglich, dass auch Durchzügler rasten könn-ten. In der biologischen Entwicklung des Gewässers sind vor allem die Wasservögel, wie Enten, Rallen, Taucher und Reiher von Bedeutung.

Für Schwäne ist es laut Stadtplanungsamt nicht möglich sich anzusiedeln?

Bender: Schwäne benötigen für Start und Landung viel Platz. Die Wasserflächen beim Ikone-Projekt sind dafür zu klein, zudem ist das Projektgebiet in fast alle Richtungen von Böschungen umgeben, sodass der An- und Abflug erschwert wird. Schwäne werden sich daher voraussichtlich nicht ansiedeln.

Ein öffentlicher Erörterungstermin findet beim Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung der Stadt Stuttgart über die Ikone-Pläne in den Wagrainäckern am 17. November um 17.30 Uhr in der Eberhardstraße 10, Raum 100, statt.

Die Fragen stellte Iris Frey.