Der Knabenchor collegium iuvenum Stuttgart hat mit seinem Auftritt bei Cultur in Cannstatt im Kursaal für Begeisterung gesorgt. Foto: Wenzel Quelle: Unbekannt

Von Rolf Wenzel

Beeindruckend war bereits der Einzug des Knabenchors collegium iuvenum Stuttgart (CIS-Chor) in den Großen Kursaal am Sonntagabend. Geordnet wie eine klösterliche Gemeinschaft auf dem Weg zur Vesper zogen die fünfzig Knaben und jungen Männer, einen lateinischen Hymnus singend, durch den Mittelgang auf die Bühne. Ihre frischen und klaren Stimmen begleiteten das strenge Ritual und belebten die Aufstellung mit ihrer selbstverständlichen Sangesfreude und Hingabe.

Dann eröffnete der Chorleiter Michael Culo das diesjährige Adventskonzert von „Cultur in Cannstatt“ mit Andreas Hammerschmidts titelgebender Aufforderung „Machet die Tore weit“, und führte die Sänger zu einem ersten vielstimmig-kraftvollen „Hosianna“ des Chores, dem Gruß, den anschließend auch die solistische Vierergruppe in dem Werk von Bartholomäus Gesius dem „Sohn Davids“ glaubenssicher entbot.

Von solchen Liedern aus der Renaissance und dem Barock bis zu zeitgenössischen Weisen wie David Willcocks (1919 bis 2015) „Oh komm, o komm Emanuel“ oder dem vertrauten Adventslied „Maria durch ein Dornwald ging“ reichte die Spanne geistlicher Chor-und Orgelmusik zur Adventszeit, die der CIS-Chor in wunderbarer Klarheit und Vielfalt darbot, teils begleitet von dem einfühlsamen Antal Varadi an Orgel oder Klavier, häufig aber auch im makellos-akkuraten a-cappella Vortrag.

Romantisch weich und fast überirdisch zart begann der Chor Felix Mendelssohn-Bartholdys Gebet „Herr Gott, du bist unsere Zuflucht“ (op.79), das sich zuversichtlich zum kraftvollen „Halleluja“ aufschwang. Hier wurde die Besonderheit des CIS-Chores deutlich, der eigentlich aus zwei Chören besteht: dem Konzertchor der 10- bis 12-Jährigen und dem Männerchor der Rückkehrer nach dem Stimmbruch. Der Chorleiter hat daraus eine vielstimmige Einheit geformt, deren Klangweite vom glockenhellen Kinderton bis zur sicheren Männerstimme reicht.

Damit bescherte diese Chorgemeinschaft den begeisterten Zuhörern im vollbesetzten Kursaal ein berührendes Adventserlebnis, das die Freude über die Schönheit des Gesanges verband mit der Besinnung auf das eigentliche Weihnachtsgeschehen. In all den Jahrhunderten waren aus Glauben, Andacht und Hingabe musikalische Kostbarkeiten entstanden, die diese ökumenische „Chorschule“ weiterträgt. Damit zählt sie zu den besten ihrer Art. Mit Recht zeigte sich deshalb Manfred Elser „unheimlich begeistert“ über diesen großartigen Höhepunkt eines überaus erfolgreichen Jahres.

Am 5. Februar gibt Anna Escala einen Liederabend mit Werken nach Gedichten von Johann Georg Fischer und begleitet von Jan Marc Reichow auf diesem Flügel. Weitere Infos über Cultur in Cannstatt gibt es im Internet unter www.cultur-in-cannstatt.de.