Die Bühne U14/2 hat eine erfolgreiche Premiere des Stücks „Ein idealer Gatte“ gefeiert. Foto: Karl-Ulrich Nicklas Quelle: Unbekannt

(rw) - Um Moral und Politik geht es in Oscar Wildes „Ein idealer Gatte“. 1895 wurde das viktorianische Gesellschaftsstück uraufgeführt. Am letzten Samstag hatte es auf der Bühne U14/2 im Ökumenischen Gemeindezentrum erneut Premiere. In der Pause beruhigte ein Besucher seine Begleiterin: „Auf dem Plakat steht Komödie, also geht es gut aus.“ Die dramatische Spannung der unterhaltsamen Sozialstudie hat sich offensichtlich bis heute erhalten.

Dabei begann Christine Leßmeisters Inszenierung ganz lustspielhaft mit Serien geistreicher Sprüche des bunten Party-Völkchens im Fin de Siecle-Look. „Zum Glück ist das Denken nicht ansteckend“ klang es da und titelweisend: „Es gibt keinen idealen Gatten, die Idealen bleiben ledig.“

Doch Sir Robert Chiltern wurde gleichzeitig nicht nur als vorbildlicher Ehemann, sondern auch als untadeliger Politiker vorgestellt. Sein Drama begann, als die suspekte Mrs Chevely in seinem Haus auftauchte und den ehrbaren Staatssekretär mit einem kompromittierenden Brief erpresste. Mit dem Verrat eines Kabinettsgeheimnisses hatte sich Sir Robert sein Vermögen am Anfang seiner Karriere erschwindelt. Deshalb soll er jetzt im Parlament für ein betrügerisches Kanalprojekt werben. Zum Glück hatte Wilde in der ersten Szene vorhersagen lassen: „Am Ende wird alles gut - und wenn es noch nicht gut ist, ist es nicht das Ende.“ Der Kampf des Bösen gegen das Gute wird angeführt von zwei ehemaligen Schulkameradinnen: Die weltgewandte Mrs Cheveley will Lady Chiltern, die Musterschülerin in Betragen, endlich besiegen. Gabi Strohbeck hatte die äußerlich attraktivere Rolle. Im roten Kleid schwebte sie ein als Mrs Cheveley und wurde misstrauisch bewundert. Sie durfte lächelnd Unverschämtes fordern und machte nach Pannen umso lustvoller weiter. Da hatte es Brigitte Schaupp als Gertrud Chiltern deutlich schwerer, mit ihrem Anspruch der absoluten moralischen Integrität, zum Schluss menschliche Schwächen bei anderen und sich selbst zu akzeptieren. Beides gelang ihr glaubwürdig, wie auch Matthias Bogoslawski als Sir Robert spürbar geläutert wurde bei seinem Gang durch das Fegefeuer der öffentlichen Erwartung und seines eigenen Gewissens. Glücklicherweise hatte er in Arthur Goring einen unerschütterlichen Freund. Jochen Schmidt verkörperte diesen Dandy mit Knopflochblume nachhaltig als Sprachrohr von Wilde selbst. Dieser Grenzgänger seiner Gesellschaft brachte starre Zäune im Denken und Verhalten ins Wanken mit scharfem Witz und verdecktem Mitgefühl. Die Bühne U14/2 hat sein Unterfangen jetzt bravourös fortgesetzt. Weitere Vorstellungen: 15./16.10., 19.30 Uhr, Ökumenisches Gemeindezentrum, Flamingoweg 22