Jakub Kuszlik begeisterte bei Cultur in Cannstatt mit seinem Klavierkonzert im Kursaal. Foto: Wenzel Quelle: Unbekannt

(rw) - Am Sonntagabend luden die Vereine Cultur in Cannstatt und Treffpunkt Polen wieder einmal gemeinsam in den Kursaal ein zu einem Förderkonzert junger polnischer Künstler. Der 20-jährige Pianist Jakub Kuszlik ließ den Abend zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. Vor einem Jahr hatte Kuszlik im Kursaal sein außergewöhnliches Können schon einmal unter Beweis gestellt, jetzt entlockte er dem neu erworbenen Steinway-Flügel mit präzisem und geschmeidigem Spiel Klänge wie aus einer anderen Welt.

Es war zuallererst der musikalische Kosmos seines Landsmanns Frédéric Chopin, den der junge Pole zum 25jährigen Jubiläum des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages an diesem Abend zum Leben erweckte.

Also schritt Kuszlik zielgerichtet über die Bühne, setzte sich an den Flügel und begann, mit energischem Anschlag Chopins Fantasie f-moll/As-Dur op.49 zu spielen. Der junge Pianist wechselte eindrucksvoll vom Trauer-Moll des ersten Marsches zum hoffnungsvollen Dur des zweiten, ganz im Sinne des Komponisten aus dem Jahre 1841 und dessen Nationalstolz, der Polen selbst nach dem russischen Einmarsch von 1830 nicht verloren gab. Aber auch die romantischen Stimmungen blieben rein erhalten, weil Kuszlik es versteht, mühelos überzugehen von Hingabe zu Kampfgeist und ungebundenen Kapriolen seiner Virtuosität. Zwischen Sehnsuchtsklängen, explodierten Klangsalven wirbelten machtvolle Tonwolken. Dazwischen aber blieb noch genug Raum für ganz sanfte Momente, bis endlich der finale Triumphmarsch das Meisterwerk beschloss. Das gleiche Wechselspiel von schwebendem Gefühl und dröhnender Leidenschaft bestimmte die Interpretation der Nocturne cis-moll, op. 27, bevor Kuszlik den ersten Teil des Konzerts mit den Variationen B-Dur, op. 2 abrundete, in denen Chopin seine Verehrung für Mozart zum Ausdruck brachte, indem er mit seinem Kunstgefühl die Verführungs- Arie „Reich mir die Hand, mein Leben“ für sich erspielte, als Vorlage für Kuszlik, der es Chopin gleich tat auf makellose Weise.

Da auch Franz Schuberts „Wandererfantasie“ (1822) 18 Jahre später in Chopins „Fantasie“ ihre Spuren hinterlassen hat, war es nur logisch, dass Kuszlik nach der Pause auch dieses romantische Schmuckstück vorlegte. Hier bewies der junge Meister der Tasten erneut sein Einfühlungsvermögen und seine nie ermüdende Virtuosität. Es war einfach eine Freude, ihm zuzuhören, auch gegen Ende des Konzerts bei den Fingerübungen von Franz Liszt im Schatten der Faust-Gestalten.

Am Sonntag, 4. Dezember, um 18 Uhr singt der Knabenchor collegium juvenum Stuttgart adventliche Chormusik bei Cultur in Cannstatt im Kursaal. Karten gibt es unter Telefon 53 30 24.