Das Steiggemeindehaus wird noch in diesem Sommer abgerissen. Foto: Frey Quelle: Unbekannt

(if) - Die Tage des Steiggemeindehauses sind gezählt. Längst ist das Haus der evangelischen Kirchengemeinde verkauft, die dafür das Steigkirchenareal modernisiert. In diesem Sommer wird das Haus abgerissen, das auch für Vereine viel Geschichte birgt. „Es war die Wiege des Kulturvereins ’s Dudelsäckle“, wie sich der Vorsitzende Peter Hinderer erinnert.

Im Steiggemeindehaus wurde der Kulturverein gegründet. Am 9. September 1988 von Wolfgang Heide, Peter Hinderer und Rainer Stauß, Freunde aus der Jugendarbeit der Evangelischen Steigkirchengemeinde. Zur „Bereicherung der Kultur im Stadtbezirk“ gründeten sie den Kulturverein „’s Dudelsäckle e.V.“, der bis heute Bestand hat und an verschiedenen Orten, nicht nur in Bad Cannstatt aktiv ist. Gründungsort war das Lokal „Deutsches Haus“ in der Neckarvorstadt, ein paar Häuser weiter lockte ein Gewölbekeller. Doch der Traum platzte, Alfred Stöhr, Inhaber des Lebensmittelladens und Kellers in der Brückenstraße zog seine Zusage zurück. Steiggemeindepfarrer Karl Schmidt wusste damals Rat, erinnert sich Hinderer. Der neu gegründete Verein blieb im Steiggemeindehaus. Es wurde zur Kinderstube des Kulturvereins ’s Dudelsäckle. Premiere für Kulturveranstaltungen war der 9. Dezember 1988: Der schwäbische Liedermacher Harald Immig eröffnete die Veranstaltungsreihe im großen Saal des Steiggemeindehauses vor über 100 Gästen, so Hinderer, der 1989 fünf weitere Veranstaltungen folgen: „Dein Theater“, Uachtar, Bruddlsupp ond Flenkfenger, ein Nachwuchsfestival und die Lesung mit Lieselotte Fritz und Lilo Ostertag, umrahmt von „Abradradra“. „Der Erfolg machte Mut“, so der Vereinsvorsitzende.

Dann kamen Lehrjahre im Haus Clemens von Galen, wie es Hinderer beschreibt, gut ökumenisch. Daneben gab es immer wieder musikalische Auftritte in „Boskoops Besen“ auf der Steig. „Zum zehnten Geburtstag schenkte sich das Dudelsäckle die „Cannstatter Mundarttage“, die es bis heute gibt, Pate war der Besenwirt von der Steig“, so Hinderer. Das Steiggemeindehaus wurde, ganz im Sinne seiner Gründer, kultureller Anziehungsort im Stadtbezirk. Wilhelm Bauer, Wengert und Besenwirt von der Steig, selbst Kind der evangelischen Gemeinde und Mitglied im ’s Dudelsäckle“ managte zwei Veranstaltungen jährlich. Kulturelle Highlights mit Ernst und Heinrich, „Die kleine Tierschau“, Christof Altmann, dazu Boskoops launig moderierte Weinproben und kulinarische Genüsse sorgten für ein volles Haus und begeisterte Besucher. Im März 2014, aus Anlass des 100. Geburtstags von Thaddäus Troll, veranstaltete Margarete Russ-Schneider, Dudel- und Labersäckle-Mitglied aus der Vorstadt, einen Seniorennachmittag im großen Saal, dort wo ihr Opa früher jeden Sonntag „Stond ghalta“ hat. Den und Thaddäus Troll besuchte man im Anschluss auf dem Steigfriedhof. 2015 öffnen sie und Uschi Deininger vom Kammerchor „con anima“ eines der „Adventsfenster“ mit Advents- und Weihnachtsliedern. Auch Klaus Jörder, bewährter Musiker des ’s Dudelsäckle, Exilbadener und Wahlcannstatter, gestaltete Singnachmittage mit Volksliedern und alten Schlagern im Steiggemeindehaus. „Wenn er sie rockte, wurden die Seniorinnen und Senioren wieder jung“, so Hinderer. Seit Oktober 2014 hat Sibylle Wölltjen, langjährige Schriftführerin und Mitbegründerin des „’s Labersäckle“ die Leitung der ökumenischen Begegnungsstätte im Steiggemeindehaus übernommen. Mit ihr zieht diese um in ein neues Haus. „Möge die Tradition lebendig bleiben, die auf so segensreiche Jahre gerne zurückblickt“, wünscht Hinderer, Mitbegründer und Initiator der Cannstatter Mundarttage. Er blickt mit seinem Verein dankbar auf die Zeit im Steiggemeindehaus.

Investor Marcel Djafari von der Firma OSWA wird auf dem Gelände des Steiggemeindehauses das Projekt Römergärten verwirklichen (wir berichteten). Nach dessem Abriss des Hauses von 1928 sollen an gleicher Stelle vier Neubauten mit 20 Wohnungen entstehen.