Beliebtes Ausflugsziel: der Kernenturm. Foto: Schwäbischer Albverein Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Fellbach - Von keinem anderen Punkt - außer vom Stuttgarter Fernsehturm - hat man einen derart faszinierenden Rundblick über nahezu das ganze württembergische Unterland. Der Kernenturm war der erste vom Schwäbischen Albverein erbaute Aussichtsturm und wird noch heute von den Mitgliedern der Stuttgarter Ortsgruppe betreut.

Der zwischen Stetten, Fellbach und Esslingen gelegene Turm entstand im Jahr 1896 innerhalb von nur vier Monaten an exponierter Stelle: Der Kernen ist mit 513 Metern der höchste Punkt des Schurwaldes. Da die flache Kuppe vollständig bewaldet ist, lag es nahe, dort einen Turm zu errichten, der volle Rundumsicht gewährt.

Doch bis man die besondere Aussicht genießen kann, wollen erst einmal 158 Stufen erklommen werden. Hat man es dann auf 27 Meter Höhe geschafft, wird man mit einem Weitblick belohnt, der seinesgleichen sucht: Im Westen ist Stuttgart mit dem „Monte Scherbelino“, dem Birkenkopf, zu sehen, im Nordwesten Stromberg und Heuchelberg, im Norden das Neckarbecken mit den Schloten und Rauchfahnen der Kohlekraftwerke Münster, Marbach, Gemmrigheim und Heilbronn, sowie den Dampfwolken aus den Kühltürmen des Kernkraftwerkes Neckarwestheim.

Bei gutem Wetter reicht der Blick sogar bis zu den Löwensteiner Bergen. Im Nordosten sind im Welzheimer Wald der Hagberg und dahinter - schon in den Ellwanger Bergen - der dachfirstartige Büchelberger Grat zu erkennen. Nach Osten erstreckt sich der Schurwald bis an den Fuß des Hohenstaufens und von Osten nach Südwesten zieht sich der Albtrauf vom Braunenberg bei Aalen bis zum Plettenberg bei Balingen.

Vier Panoramatafeln auf dem Turmkranz bieten dem Besucher Orientierung. Sie sind in allen vier Himmelsrichtungen angebracht und weisen auf bekannte und wichtige Punkte in der Region hin, zum Beispiel den Melacturm auf dem Ailenberg in Obertürkheim, den Flughafen auf den Fildern oder auch die Burg Teck. Das am weitesten erkennbare Ziel ist die Burg Hohenzollern in 80 Kilometern Entfernung, eine der am meisten besuchten Festungen Europas.

Der Kernenturm ist mit dem Wasserturm von Oberberken der höchste Punkt des Schurwaldes. Er wurde einzig der Aussicht wegen errichtet: Ende des 19. Jahrhunderts - Flugzeuge gab es damals noch nicht - war es für die Menschen besonders reizvoll, die Landschaft von oben zu betrachten. Um ihnen diese Möglichkeit zu bieten, sammelte die Ortsgruppe Stuttgart des Schwäbischen Albvereins dereinst viel ein: Der Beschluss zum Turmbau wurde bei einem Kapitalbestand von 165 Reichsmark gefasst, durch Spenden kamen schließlich 18000 Reichsmark zusammen.

Der aus Sandsteinen aufgebaute, viereckige Turm mutet mittelalterlich an. Der Entwurf stammte von den Stuttgarter Architekten Heim und Sipple. Über dem ovalen Portal ist ein metallenes Wappen befestigt mit Eichen- und Buchenlaub, dem alten Symbol des Albvereins, mit dem Württemberger Hirschgeweih und dem Stuttgarter Rössle. Drüber ragt ein kleiner Balkon heraus. Tageslicht strömt in den Wandeltreppenaufgang durch Schlitze im Mauerwerk, die an Schießscharten erinnern. Ganz oben verstärken Zinnen den Eindruck einer Burg. In den Dreißigerjahren wurde auch die steinerne Unterstellhütte angebaut, die nach dem ersten Obmann der Ortsgruppe „Anton-Entress-Hütte“ benannt wurde.

Am Fuße des Turmes befindet sich ein Kiosk, der an vier Tagen in der Woche - von Donnerstag bis Sonntag - geöffnet ist. Zum Verweilen laden ein Rast-, Spiel- und Grillplatz ein. Kein Wunder also, dass der Kernenturm ein beliebtes Ausflugsziel für Familien ist. Egal ob sie zu Fuß kommen oder mit dem Fahrrad - viele (gut ausgeschilderte) Wege führen zum Kernenturm. Vor allem am Wochenende, wenn die Sonne scheint, herrscht hier reger Betrieb.

Der Kernenturm blieb übrigens nicht der einzige, nach und nach kamen weitere Aussichtstürme hinzu. Insgesamt besitzt der Schwäbische Albverein 29 Aussichtstürme, sieben davon stehen in der Region Stuttgart. Die Ortsgruppe Stuttgart ist mit rund 800 Mitgliedern eine der größten unter den 579 Ortsgruppen des Schwäbischen Albvereins.

Infos über den Kernenturm sowie alle anderen Aussichtstürme des Schwäbischen Albvereins gibt es im Internet unter tuerme-wanderheime.albverein.net