Zwei Stuttgart-21-Röhren führen vom Hauptbahnhof in Richtung Obertürkheim. Wegen des Wassereintritts ruht der Tunnelvortrieb in der Weströhre zurzeit. In der Parallelröhre wird mit Sprengungen gearbeitet.Archiv Foto: Kuhn Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Es herrscht relative Ruhe, was die Tunnelarbeiten im Lindenschulviertel betrifft. In der Tunnelröhre 62 sind die Vortriebsarbeiten seit Anfang September eingestellt. Zwangsweise. Durch Hohlräume war Grundwasser in die Röhre eingedrungen. Betroffen ist auch der SGU-Sportplatz, der ab Januar gesperrt wird. Am Donnerstag wurden nun Ausweichlösungen für den Spiel- und Trainingsbetrieb gefunden. Die Mineure arbeiten derweil in der parallel verlaufenden Röhre 61 weiter. Die Baustelle ist zurzeit auf Höhe des Neckars.

Im Frühsommer hatten die Tunnelbauarbeiten unter den Häusern des Lindenschulviertels für Unruhe bei Anwohnern gesorgt. Vor allem die nächtlichen Meißelarbeiten raubten ihnen den Schlaf. Vom Zwischenangriff in Wangen her trieben die Mineure die westliche Tunnelröhre zügig voran - bis zum 3. September. In 18 Meter Tiefe arbeiteten die Bergleute auf Höhe der Albert-Dulk-Straße, als plötzlich große Mengen Grundwasser in die Röhre drangen. Anschließende Untersuchungen durch Bohrungen ergaben, „dass sich die Tunnelfirste in diesem Bereich nahe an Grundwasser führenden Schichten befinden, das sich dort in bestehende Hohlräume ansammeln kann. Am 3. September waren die Bauarbeiten auf solch einen Hohlraum gestoßen“, erklärt ein Projektsprecher. Die Bautätigkeiten wurden sofort eingestellt und ruhen seitdem.

„Die Wassereintrittsstelle wurde mit Beton abgedichtet und die Tunnelröhre samt Ortsbrust gesichert“, sagt der Projektsprecher. Der Tunnelvortrieb wird jedoch voraussichtlich bis Mai 2017 weiter stillstehen. Bevor die Mineure unter Tage weiterarbeiten, sei es für die DB Projekt Stuttgart-Ulm Gesellschaft unausweichlich, von der Erdoberfläche aus eine Zementpaste zu injizieren, um ähnliche Ereignisse künftig zu vermeiden.

Leidtragende ist die Sportgemeinschaft Untertürkheim. Für die Bodenverdichtungsarbeiten muss die Bahn auf das Sportgelände. Auf einem 40 Meter breiten Korridor müssen über den gesamten Kunstrasenplatz und auf den angrenzenden Tennisanlagen alle fünf Meter Löcher in den Boden gebohrt werden. Der Sportplatz ist deswegen von Januar an unbespielbar. „Ziel ist es, dass der SGU ihre Tennisplätze im April zur Verfügung stehen. Zudem wird angestrebt, dass der SGU spätestens zum internationalem SGU-Jugendturnier am 24. Juni 2017 der neue Kunstrasenplatz zur Verfügung steht“, sagt der Projektsprecher. Für Training und Spielbetrieb von Januar bis Juni mussten Sportamt, SGU und die Bahn Alternativmöglichkeiten suchen. Am Donnerstagabend wurde das Ausweich-Paket geschnürt. „Dank der Solidarität der Nachbarvereine können unsere Jugendmannschaften auf dem TBU-Gelände trainieren. Die Erwachsenen und älteren Jugendmannschaften kommen auf den Plätzen der SportKultur Stuttgart unter“, dankt SGU-Vorsitzender Hilmar Meier dem TBU und SKS. Zudem werden die SGU-Mannschaften in der Hinrunde fast alle verbliebenen Spiele daheim austragen und in der Rückrunde dann ausschließlich auswärts auf Torejagd gehen. Alle Kosten trägt die Bahn.

Erweiterte Sprengzeiten

Diese arbeitet derweil in den verbleibenden drei Tunnelabschnitten weiter. Die beiden Röhren Richtung Hauptbahnhof haben die Wangener Wohngebiete hinter sich gelassen. Der Durchbruch der ersten Röhre wird vermutlich im März 2017 erfolgen. Dann treffen die Wangener Mineure auf jene, die die Röhre vom Hauptbahnhof her graben. Nach der Zwangspause in der Röhre 62 konzentrieren sich die Arbeiten nun auf die zweite Röhre, die in Richtung Hafenbahnstraße in Untertürkheim verläuft. Der Tunnelfirst befindet sich aktuell unter dem Neckar etwa auf Höhe der Flussmitte. Da sie sich außerhalb des Wohngebiets bewege, dürfe dort rund um die Uhr gesprengt werden, sagt Alice Kaiser, Bürgerbeauftragte der Stadt für Stuttgart 21. In der Bezirksbeiratssitzung berichtete eine Anwohnerin des Lindenschulviertels, dass sie sich durch diese Detonationen gestört fühle. Der Tunnelvortrieb kommt zügig Richtung Lindenschule voran. Noch steht nicht fest, ob die Bahn im Wohngebiet - wie bisher - nur bis 22 Uhr sprengen darf oder eine auf 24 Uhr erweiterte Genehmigung erhalten wird. Sie hat dies vor einem Jahr beantragt. Viele Anwohner begrüßten die erweiterten Sprengzeiten. Die Alternative sind dauernde Meißelgeräusche in der Nacht, die nerven.