Gebrauchte Dieselfahrzeuge sind in der Landeshauptstadt derzeit gefragter denn je. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Alexander Müller

Erste Auswirkungen der Debatten um mögliche Fahrverbote im Rahmen des Stuttgarter Luftreinhalteplans schlagen sich laut Kfz-Innung Region Stuttgart auf dem Automarkt nieder. Vor allem der Markt für gebrauchte Diesel-Fahrzeuge boomt. Alleine im April wurden in Stuttgart 1000 gebrauchte Diesel mehr als vor einem Jahr zugelassen, ein Zuwachs von 90 Prozent. Aus Angst vor Fahrverboten „bleibt vielen Menschen nur der Umstieg auf neuere Autos“, sagt Innungs-Geschäftsführer Christian Reher.

„Hier kommst du net rein“, heißt es ab 1. Januar 2018 an Feinstaubalarmtagen, wenn der neue Stuttgarter Luftreinhalteplan Wirklichkeit wird. Der Vorschlag von Verkehrsminister Winfried Hermann sieht an Alarmtagen mit zu hohen Schadstoffwerten ein umstrittenes Fahrverbot für ältere Diesel vor, die nicht die jüngste Abgasnorm Euro 6 erfüllen. Es sind aber Ausnahmen etwa für Lieferverkehr oder Schichtarbeiter vorgesehen, die den öffentlichen Nahverkehr nicht nutzen können. Betroffen von der neuen Regelung wären in der Region Stuttgart rund 120 000 Menschen, die einen Euro-4-Diesel fahren - alleine 20 000 in Stuttgart.

Der Clou aus Sicht der Kfz-Innung ist, dass es keine Fahrverbotszone gibt, sondern einzelne Straßen für ältere Dieselfahrezuge gesperrt werden. Wenn Hauptdurchgangsstraßen wie der B-14-Tunnel in der Cannstatter Straße und der Heslacher Tunnel ausfallen, „funktioniert das im Prinzip, wie Zugbrücken an einer Burg“, zieht Reher einen Vergleich. „Es gibt dann für die Betroffenen nur noch den Weg drum herum oder den Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel oder andere Autos“. Und genau Letzteres scheint nun deutlich verstärkt der Fall zu sein.

Zwar liegt Stuttgart mit einem Minus von 22,3 Prozent bei den Neuzulassungen im April im bundesweiten Trend sinkender Nachfrage nach Diesel-Autos. Im Gebrauchtwagensegment ist die Entwicklung hingegen vollkommen untypisch. Bei den Besitzumschreibungen setzt sich der Dieselboom vom März (plus 110,1 Prozent) fort. Im Vormonat wurden in Stuttgart bei 3214 Halterwechseln 2219 Diesel (69 Prozent) zugelassen. Damit nahm die Nachfrage nach gebrauchten Dieseln in Stuttgart massiv zu (1050 Pkw/plus 89,8 Prozent). Seit Jahresbeginn stieg die Zahl der Zulassungen von gebrauchten Dieselfahrzeugen damit gegenüber dem Vergleichszeitraum 2016 um satte 46,5 Prozent.

Dass in Stuttgart über 1000 gebrauchte Diesel mehr als vor einem Jahr angemeldet sind, sieht Innungs-Obermeister als Folge der Feinstaubdebatte. Er tippt darauf, „dass viel Jahreswagen und junge Gebrauchte mit Euro-6-Norm ältere Autos ersetzen.“ Denn im August 2015 lief die Frist für den Verkauf von Autos mit Euro-5-Norm aus. „Nun laufen viele Leasingverträge aus“, ergänzt Innungsvorsitzender Roger Schäufele. Inwieweit solche Fahrzeuge nun von Schnäppchenjägern aufgekauft würden, lasse sich anhand der vorhandenen Daten aber nicht sagen. Grundsätzlich will die Kfz-Innung aber auch Privatpersonen, die einen älteren Diesel besitzen, unterstützen. Für Treiber ist es kritisch, „dass diese von der Politik mit Fahrverbot belegt, aber ansonsten alleine gelassen werden“. Die Innung will sich daher im Luftreinhalteplan-Verfahren „für die Umstiegsprämie stark machen, die wir seit 2015 fordern und die längst hätte helfen können, das Problem zu entschärfen.“ Stuttgart hat mit aktuell 108 155 Diesel-Pkw nach wie vor die meisten in der Region am Start, gegenüber dem Vorjahr sind es 522 mehr.

Dass viele Autofahrer trotz der drohenden Fahrverbote weiter auf den geliebten Diesel setzen, hat für Treiber vielfältige Gründe: „Ein klares Plus des Diesels ist die Langlebigkeit des Motors, oder wie das heute so schön heißt, die Nachhaltigkeit des Fahrzeugs.“ Zusammen mit dem niedrigen CO2-Ausstoß und Kraftstoffverbrauch nach wie vor das bedeutende Umweltargument. Aber auch die niedrigen Sprit-Preise spielten natürlich eine Rolle, sowie auch die Fahrzeugtypen wie die gefragten SUV, in denen vornehmlich Dieselmotoren eingebaut werden. Die mögliche Kostenersparnis sei nicht nur bei Firmenwägen mit hoher Laufleistung, sondern auch als Familienkombi entscheidend.