Das 1,7 Hektar große Areal zwischen Uhlbacher, Markgräflerstraße und „Kreuzweg“ liegt derzeit im Landschaftsschutzgebiet. Mehrfache Anträge für ein Wohnbaugebiet lehnte die Stadtverwaltung ab. Foto: Müller Quelle: Unbekannt

Von Alexander Müller

Wohnraum in Stuttgart ist knapp. Entsprechend entschied der Bezirksbeirat Obertürkheim auf Antrag der SPD-Fraktion mit einer Stimme Mehrheit, der Stadt zu empfehlen, das Gebiet „Unten im Dorf“ wieder als Wohnbaugebiet auszuweisen. Sehr zum Ärger der Bürger. Sie laufen gegen eine mögliche Versiegelung des aus ihrer Sicht ökologisch wertvollen Landschaftsschutzgebiets Sturm.

Der Platz für die Zuschauer im Saal des Alten Rathauses in Uhlbach reichte kaum aus. Der Andrang von Bürgern war enorm. Schließlich stand am Mittwochabend ein heikles Thema auf der Tagesordnung des Bezirksbeirats. Seit Jahrzehnten wird über ein Wohnbaugebiet „Unten im Dorf“ diskutiert. Zunächst als mögliche Erweiterungsfläche für den Friedhof, später als ortsnahes Wohnbaugebiet. Mit der neuen grün-roten Mehrheit im Gemeinderat wurde das Projekt wie viele weitere Randgebiete der Landeshauptstadt 2009 zu den Akten gelegt. Innenverdichtung statt Außenarrondierung lautet das Credo der Verwaltung.

Weitere Anläufe wie auch 2014 verliefen stets im Sande. Auch dem neuerlichen Antrag der Freien Wähler aus dem Frühsommer diesen Jahres steht die Verwaltung skeptisch gegenüber. Dennoch hat die SPD nun beschlossen, auch aktiv zu werden. „Jede Wohnung, die gebaut werden kann, hilft bei der Entspannung der Situation“, betonte Eckart Jäger (SPD). Mit dem Antrag wolle man ermöglichen, dass bei einer weiter anhaltenden Notlage „nicht alle weißen Flecken im Vorfeld ausgeschlossen sind, sondern Möglichkeiten aufgezeigt werden“, erklärte der Bezirksbeirat die Kehrtwende der Sozialdemokraten. Schließlich hatte die SPD zusammen mit den Grünen selbst das Areal an der Hanglage auf die rote Liste bedrohter Grünzonen gesetzt. Sehr zur Freude der bürgerlichen Parteien von Freien Wählern und CDU, die sich bereits seit Jahren für neue Wohngebiete stark machen.

Hingegen auf komplette Ablehnung stößt der Vorschlag im Lager von Bündnis 90/Die Grünen. Das Gebiet „Unten im Dorf“ könne nicht bebaut werden. Schließlich sei dies seit 2011 wieder als landwirtschaftlich-ökologische Ergänzungsfläche ausgewiesen, betonte Elisabeth Remppis - auch als Lebensraum für bedrohte Tierarten wie den Wendehals oder die Mauereidechse. „Und nicht zuletzt sind die Streuobstwiesen eine wichtige Frischluftschneise für den Ort.“

Gar als unsinnig hält ihre Parteikollegin Monika Geiger die Diskussion, schließlich seien entsprechende Vorstöße von der Verwaltung abgelehnt worden. „Neue Argumente gibt es aber nicht“. Vor allem die zu erwartenden hohen Kosten stoßen Geiger auf. „In der Toprandlage in einem unerschlossenen Gebiet kann kein preiswertes Wohneigentum entstehen.“ Das sei utopisch ist sie sich mit Christoph Hofrichter (SÖS/Linke-Plus) einig. „Uhlbach ist und bleibt nun einmal hochpreisig“, stimmte auch Walter Zinser (FDP) überraschend zu. Dennoch fiel das Votum des Bezirksbeirats für ein mögliches Wohnbaugebiet „Unten im Dorf“ letztlich mit fünf zu vier Stimmen bei einer Enthaltung positiv aus.

Protest der Bürger

Sehr zum Ärger der Bürger. Für den Erhalt der Landschaftsschutzgebiete in Obertürkheim-Uhlbach hat sich eigens eine Bürgerinitiative gegründet. „Wir wollen nicht, dass wie in der Luise-Benger-Straße bereits geschehen, weitere Neubauflächen die Ansicht des Wengerterörtchens zerstören“, sagte Ex-Bezirksbeirat Willi Schraffenberger. Und Ochsen-Wirtin Uta Wagner erinnerte daran, dass die Markgräflerstraße erst vor rund 40 Jahren erschlossen wurde. „Die direkt angrenzenden Häuser sind für eine weitere Belastung durch den Verkehr nicht ausgelegt“. Einen pragmatischen Vorschlag machte Siegfried Berner. So könne man ein kleines Baugebiet entlang der Markgräflerstraße vom Ende der Bebauung in Richtung Rotenberg bis zum „Kreuzweg“ erschließen. Der Bereich sei bereits erschlossen und auch ökologisch in keiner Weise so bedeutsam wie das angrenzende Areal „Unten im Dorf“.

Nun liegt die Entscheidung bei der Verwaltung. So oder so - „Unten im Dorf“ herrscht dicke Luft.