Schwimmkurse wie beim TBU sind begehrt. Bislang gibt es lange Wartelisten. Dies soll sich mit der Plattform des Sportamts ändern.Archiv Foto: Kuhn Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Die Zahlen erschrecken: Jeder zweite Zweitklässler in Stuttgart kann nicht schwimmen. Die Stadt will dies mit einem Bündel an Maßnahmen ändern. Im Januar lädt Sportbürgermeister Martin Schairer zum Bädergipfel mit den für den Schwimmsport zuständigen Behörden und Institutionen ein. Bis Februar soll eine Online-Plattform mit freien Schwimmzeiten aufgebaut sein, zudem könnten Schulen Hilfe von Schwimmtrainern erhalten.

Bäderangestellte und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) schlagen Alarm: Immer weniger Kinder und Jugendliche können schwimmen. Die Zahl der Badeunfälle in Frei-, Hallenbädern und Gewässern steigt permanent. Diese Erfahrung deckt sich auch mit einer Umfrage in Stuttgarts Schulen. „Am Ende der vierten Klasse können immer noch rund 20 Prozent der Kinder sich nicht längere Zeit sicher über Wasser halten“, sagt Schairer. Der neue Sportbürgermeister sowie weitere Ämter der Stadt wollen mit einem Paket an Maßnahmen gegensteuern. Schairers erklärtes Ziel: Mittelfristig müssen alle Stuttgarter Jugendliche spätestens nach Ende der vierten Klasse schwimmen können.

Dazu sollen auf der einen Seite die Eltern beitragen und zusätzlich müsse das Angebot an den Schulen - und vielleicht auch in den Kitas - verbessert und auf die Nichtschwimmer abgestimmt werden. Ohne die entsprechenden Schwimmzeiten gibt es allerdings keine Schwimmkurse. Deswegen listet Andi Mündörfer vom Amt für Sport und Bewegung gerade die Schwimmbecken auf, in denen es noch unbelegte Stunden gibt. „Erstaunlicherweise sind es mehr, als wir erwartet haben“, sagt der Sportwissenschaftler. In einigen Lehrbecken von Schulen, Therapiebecken oder Bädern in Krankenhäusern gäbe es noch Kapazitäten. Im Sommer würden auch die Freibäder kaum für Schwimm- oder Wassergewöhnungskurse genutzt. Generell kennen Mündörfer und Schairer natürlich das Dilemma, dass zurzeit etliche städtische Hallenbäder in Stuttgart von den Schwimmsportverbänden und Schulen nicht genutzt werden können, weil sie saniert werden müssen. Aktuell ist das Hallenbad Feuerbach geschlossen, das Sonnenberger Bad erst seit Kurzem wieder geöffnet. Im Januar fällt dafür das für den Schulsport und für die Schwimmsportvereine wichtige Stadtbad Untertürkheim weg. Es wird mindestens neun Monate geschlossen. „Die Schulen und Sportvereine kümmern sich intensiv um Alternativen. In der Sommersaison können wir vielleicht aufs Inselbad ausweichen“, sagt Lars Köhler, der Vorsitzende des Fördervereins Stadtbad und Lehrer am Wirtemberg-Gymnasium. Grundproblem sei jedoch generell der Mangel an Wasserflächen, was auch zu Wartelisten für Schwimmkurse der Vereine führe.

Eine Online-Plattform soll ab Februar Abhilfe schaffen. „Auf ihr sind die Zeiten aufgelistet, an denen das Becken noch ungenutzt ist“, sagt Mündörfer. Diese könnten dann über die Plattform von Nutzern gebucht werden. Schairer denkt dabei auch an private Schwimmtrainer oder Übungsleiter von Vereinen.

Lizenzierte Trainer sollen eventuell auch Sportlehrern im Unterricht zur Seite stehen. „Der Übungsleiter könnte die Nichtschwimmergruppe übernehmen, während der Lehrer die Schüler, die bereits Schwimmen können, unterrichtet. So werden die Nichtschwimmer in kleinen Gruppen an das Niveau der anderen herangeführt“, so Schairer. Der Schwimmverband Württemberg und die Sportkreisjugend Stuttgart haben bereits ein Grundschulprojekt ins Leben gerufen. Überhaupt ist Schairer zuversichtlich, dass das Ziel erreicht wird, weil sämtliche Behörden, Vereine und Institutionen „mit im Boot sind und sich engagiert einbringen.“ Der Bädergipfel im Januar sei ein Beweis dafür. Bis Frühjahr werde die Stadtverwaltung dann auch zusammenstellen, wie viel Geld, die Umsetzung des Konzepts - die Trainerstunden, Kosten für Busfahrten und anderes - benötigt wird und für den kommenden Haushalt angemeldet werden muss.