Das Bundesverkehrsministerium hat den Ausbau der B 10 zwischen Neckarpark und Plochingen als vordringlichen Bedarf eingestuft. Foto: Müller Quelle: Unbekannt

Von Alexander Müller

Eine alte Diskussion entflammt wieder neu: der sechsspurige Ausbau der B 10. Im Juli hat das Bundesverkehrsministerium das Vorhaben zwischen Neckarpark und Plochingen im Bundesverkehrswegeplan 2030 als vordringlich eingestuft - zur Verwunderung der Landesregierung. Auch Verkehrsexperten aus der Region und der Landeshauptstadt halten eine Erweiterung aus baulichen Gesichtspunkten kaum für machbar, da dadurch mehr Verkehr angelockt werde.

Der beinahe tägliche Stau auf der B 10 ärgert nicht nur Verkehrsteilnehmer, sondern auch Anwohner. Bereits seit 2003 kommen daher immer wieder neue Vorstöße aus Gemeinde- oder Bezirksbeirat für einen Ausbau der wichtigen Verbindungstrasse im Neckartal auf. Berechnungen aus dem Jahr 2003 gehen von Kosten von mehr als 100 Millionen Euro aus. Allerdings hat die grün-rote Landesregierung das Straßenprojekt selbst nicht im Landesverkehrswegeplan angemeldet, sondern sich dazu entschlossen, das Vorhaben aufgrund der technischen Schwierigkeiten „nicht mehr weiterzuverfolgen“, sagt der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Andreas Schwarz.

Umso verwunderter zeigt man sich daher darüber, dass der Bund den Ausbau nun wiederum als vordringlich eingestuft hat. In der Begründung heißt es, dass die B 10 für den Verkehr aus südöstlicher Richtung die Hauptachse nach Stuttgart darstelle. Mit Blick auf 70 000 Fahrzeuge am Tag, reiche die Leistungsfähigkeit einer vierspurigen Straße für eine solche Belastung nicht aus. Daher sei das Vorhaben notwendig und auch wirtschaftlich.

2000 Fahrzeuge pro Stunde

Dem stehen die Verkehrsplaner aus der Region und der Landeshauptstadt kritisch gegenüber. Diese sagen, dass die Verkehrsbelastung vor allem in den Hauptverkehrszeiten mit bis zu 2000 Fahrzeugen pro Stunde mit den vorhandenen Fahrspuren an den Grenzen angekommen sei. „Der Ausbau würde einen enormen Eingriff in die Natur und Umwelt bedeuten“, sagt Stephan Oehler, Leiter der Verkehrsabteilung im Stadtplanungsamt Stuttgart. Vor allem im Bereich des Neckars wären „schmerzhafte Veränderungen notwendig.“ Zwar kann er sich auf Stuttgarter Gemarkung eine Umsetzung noch vorstellen, hingegen im weiteren Verlauf in Esslingen könne man vermutlich mehrere Brückenbauwerke nur schwer oder überhaupt nicht erweitern.

Der zweite wichtige Aspekt sei auch die Verkehrsbelastung. „Mehr Kapazität lockt auch mehr Verkehr an“, ist Oehler überzeugt. Genauere Untersuchungen habe man hinsichtlich eines Ausbaus der B 10 bislang nicht durchgeführt. Vielmehr habe man sich bislang auf andere Sachverhalte wie die Nord-Ost-Umfahrung in Mühlhausen oder die Filderauffahrt in Hedelfingen konzentriert.

Das gilt auch für den Verband Region Stuttgart. Zwar schließe ein möglicher Ausbau wirtschaftlich sehr gut ab, aber „wir können den Neckar ja nicht teilweise zuschütten“, sagt der Referent für Verkehrsplanung, Klaus Lönhard. Zudem gelte es, gezielt die Auswirkungen auf andere Strecke im Auge zu behalten. „Man muss sich die Frage stellen, ob nicht im Anschluss mögliche Staus an Engstellen, wie bei der Zufahrt auf die B 14 die Folge wären“ Im Regionalverkehrswegeplan sei daher nicht der Ausbau, sondern der Bau einer Verkehrsbeeinflussungslange entlang der B 10 enthalten. „Das kann die Leistungsfähigkeit ebenfalls erhöhen, lässt im Umkehrschluss aber auch eine gezielte Steuerung zu, falls sich auf den Folgestrecken Staus bilden sollten“, ist Lönhard überzeugt.

Dies könne eine angemessene Reaktion auf den Bundesverkehrswegeplan 2030 sein. Einen Ausbau auf sechs Spuren können sich die Verkehrsexperten in mittelbarer Zukunft hingegen nicht vorstellen.