Die Insolvenz der südkoreanischen Großreederei wirkt sich auf den Stuttgarter Hafen kaum aus: Der Betrieb im Container-Terminal am Ostkai läuft normal.Archiv Foto: Kuhn Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Die Insolvenz der südkoreanischen Großreederei Hanjin wirkt sich auch auf das Logistikgewerbe und Unternehmen in der Region aus: Etliche Schiffe des zahlungsunfähigen Unternehmens „parken“ auf hoher See, um Hafenkosten zu sparen. Mit ihnen dümpeln mehrere tausend Container mit oftmals dringend benötigter Fracht auf den Weltmeeren. Stuttgarts Neckarhafen ist wenig betroffen. Der Betrieb am Container-Terminal läuft normal.

Die Insolvenz der siebtgrößten Reederei der Welt erschüttert die Logistikbranche und schlägt selbst bei den Speditionen in der Region teilweise hohe Wellen. Etwa 80 Riesenfrachter der südkoreanischen Flotte sind seit Wochen auf den Weltmeeren unterwegs oder ankern wenige Seemeilen vor den Häfen. Um Verwaltungsgebühren zu sparen, oder weil die Dienstleister in den Häfen fürchten, dass sie auf den Kosten für die Entladung sitzen bleiben, erklärt Julio Neto, der stellvertretende Geschäftsführer der Abteilung Außenwirtschaft der IHK Stuttgart. „Ein Schiff, auf dem sich ein Container eines Autozulieferers aus der Region befindet, ankert gerade im Suezkanal“, erzählt seine Kollegin Sonja Bachofer. Eine halbe Million Container, so wird geschätzt, mit Waren im Wert von mehr als zwölf Milliarden Euro liegen auf hoher See fest. Dabei läuft in vielen Branchen jetzt das Weihnachtsgeschäft an.

Die Empfänger haben kaum einen Zugriff darauf. Die beauftragten Speditionen setzen zwar alle Hebel in Gang - meist ohne große Wirkung. „Unsere Mitgliedsbetriebe erfahren die ganze Bandbreite der Kundenreaktionen. Von Verständnis bis zur Ankündigung, Regressansprüche geltend zu machen“, sagt Andrea Marongiu. Der Geschäftsführer des Verbands Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL) rechnet damit, dass die Experten der Speditionen und Rechtsanwälte sich in den kommenden Wochen mit den juristischen Fragen der Verantwortung und Haftung auseinandersetzen müssen. Zunächst gelte es, die Lieferungen loszueisen. Dies könne gelingen, sobald ein südkoreanisches Containerschiff in einem Hafen anlegen dürfe. Auf Kosten der Spedition oder des Empfängers könnte dann die Ladung gelöscht und weitertransportiert werden. Meldungen, wonach die in Schieflage geratene Reederei neue Kredite erhalte, wecken Hoffnungen.

Höhere Kosten für Unternehmen

Auf den Warenumschlag im Stuttgarter Neckarhafen hat die Insolvenz kaum Auswirkungen. Der Betrieb im Container-Terminal am Ostkai läuft normal. Hanjin habe für Stuttgart keine große Rolle gespielt und die nun von Stuttgart ausgehenden Exporte sind von der Misere des südkoreanischen Unternehmens eh nicht betroffen, so Carsten Strähle. Einen Rückschlag für die Containerschifffahrt fürchtet der Geschäftsführer der Hafen Stuttgart Gesellschaft nicht. Der Containerumschlagplatz am Ostkai platzt seit Monaten aus allen Nähten. Seit Mitte der Neunziger Jahre besteht ein erfolgreicher Schiffslinienverkehr von der Exportregion Stuttgart über die Seehäfen in Antwerpen und Rotterdam in alle Welt. Das Mercedes-Benz-Werk Untertürkheim verschickt auf diesem Weg regelmäßig Motoren, Getriebe und Aggregate zu den Partnerwerken in Übersee. „Von der Hanjin-Insolvenz und deren Auswirkungen sind wir allerdings nicht betroffen. Unsere Produktion läuft unvermindert weiter“, sagt ein Sprecher des Untertürkheimer Stammwerks.

Allerdings müssen die Unternehmen mit höheren Kosten rechnen. Durch die Hanjin-Insolvenz seien die Frachtpreise gestiegen. „Es gab eine Überkapazität auf dem Weltmarkt, was zu einem Preisverfall führte. Nicht nur Hanjin, sondern auch kleineren Eignern wurde dies zum Verhängnis“, so Strähle. Der Wegfall der Hanjin-Riesenfrachter führt nun zu einer Kostenexplosion. Der Preis verdoppelte sich seit Sommer zwar. Er liege damit aber etwa auf dem Niveau von vor zwei Jahren, ordnet Strähle die Entwicklung ein.

Der positiven Entwicklung des Container-Transports werde jedoch auch dies keinen Abbruch tun. Um die Kapazität zu erweitern, plant die Hafengesellschaft den sukzessiven Ausbau des Container-Terminals: Die Fläche wird bis 2018 fast verdoppelt. Noch längere Züge und mehrere Schiffe zeitgleich können dann ent- oder beladen werden. „Dass sich der Containertransport im Aufwind befindet, zeigt sich auch daran, dass am gegenüberliegenden Kai spezielle Containerzüge für Sand und Erde regelmäßig be- und entladen werden“, sagt Strähle.