Jörg Kumferts winterliche Aufnahme gewann den Fotowettbewerb. Es zeigt das Miteinander von Weinbau und Industrie im Neckartal. Foto: Kumfert Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Den Untertürkheimern liegt ihr Stadtbezirk am Herzen. Mehr als 150 Bürger debattierten am Freitagabend engagiert über Visionen, wie Untertürkheim im Jahr 2030 aussehen könnte. Es wurden zunächst die bestehenden Schwächen angesprochen: schmuddeliger Bahnhof, wenig attraktive Fußgängerzone, öder Karl-Benz-Platz. Aber die Bürger entdeckten auch das große Entwicklungspotenzial: Fachwerkhäuser, malerische Gassen, die nahen Weinberge. „Pluspunkte, die es zu stärken gilt“, meinte ein Bürger.

Großes Stühlerücken im katholischen Gemeindezentrum: Im Rahmen des Masterplans hatte die Stadtverwaltung zur Auftaktveranstaltung der Bürgerbeteiligung eingeladen und die Untertürkheimer kamen. Mehrfach mussten die Stuhlreihen verlängert und neue aufgestellt werden. „Wir wollen Ihnen kein fertiges Modell präsentieren, sondern mit Ihnen diskutieren, wie der Stadtbezirk in zehn bis 15 Jahren aussehen soll“, bat Bezirksvorsteherin Dagmar Wenzel, um Ideen und den Mut bestehende Strukturen in Frage zu stellen und Visionen zu entwickeln. Denn die Ergebnisse aus dem Bürgerbeteiligungsverfahren sollen letztendlich in den von OB Kuhn ins Leben gerufenen Masterplan einfließen.

Was braucht der Stadtteil der Zukunft? Und was sind die Alleinstellungsmerkmale, die Stärken und Schwächen Untertürkheims?, fragten sich die Untertürkheimer, die sich in Fotospaziergängen den Ort anschauten. Dreh- und Angelpunkt der Gruppen war der Bahnhofsbereich - ein Sinnbild für Untertürkheim. Mit den Spielsalons, der hässlichen Unterführung und dem „trostlosen“ Karl-Benz-Platz steht er für die schmuddelige Seite des Orts. Gleichzeitig stellt er ein denkmalgeschütztes Gebäude von historischem Wert dar, weist eine hohe Passantenfrequenz auf und könnte durch die Öffnung des Karl-Benz-Platzes in Richtung Neckar und einer hochwertigen Gastronomie zu einem Treffpunkt werden. Mehrere Bürgerinnen äußerten die Idee, im Bahnhof oder alternativ im Postgebäude eine Markthalle einzurichten.

Auch die Fußgängerzone weist Entwicklungspotenzial auf. Zwar kritisierten die Bürger, dass die Widdersteinstraße den „Charme der 80er-Jahre“ aufweist, als Durchfahrtsstraße missbraucht wird und dass attraktive Fachgeschäfte fehlen. „Auf der anderen Seite verströmt der alte Ortskern mit seinen Fachwerkhäusern und die abzweigenden Gässchen samt der nahen Stadtkirche einen besonderen, fast mediterranen Reiz, was sich bei der Rotweinnacht zeigt“, meinte ein Untertürkheimer und öffnete damit selbst den zuvor eher kritischen Redner die Augen für eine andere Sichtweise.

Die Gruppe, die sich um das Thema Aufenthaltsräume kümmerte, stellte ebenfalls fest, dass Untertürkheim eigentlich auch für Touristen viel zu bieten hat. Es fehle allerdings an einer guten Beschilderung, die Ortsunkundige vom Bahnhof über die Stadtkirche zu den Einstiegsmöglichkeiten zu den Weinbergen unterhalb des Mönchbergs führt. „Die Zugänge an der Strümpfelbacher Straße sind zu unübersichtlich“, waren sich die Teilnehmer einig. Allerdings entdeckten sie eine weitere Perle: den Kelterplatz. Der ideale Ortsmittelpunkt, mit der richtigen Größe, aber eben durch den Verkehr dominiert, analysierten die Untertürkheimer. „Der Ortskern hat eine Perspektive. Mit der schönen Kelter samt Kelterplatz, einem attraktiven Bahnhof samt Vorplatz und der Stadtkirche könnte man drei Besuchermagnete und damit ein magisches Dreieck schaffen“, regte ein Untertürkheimer an.

„Wir brauchen also einen Plan, um diese Ideen umzusetzen. Dies wird eine Aufgabe des Masterplans sein“, dankte Dörte Meinerling von Planbar³ für die Mitarbeit am Auftaktabend und am Fotowettbewerb „Typisch Untertürkheim“, den Jörg Kumfert mit seinem Winterfoto von den Weinbergen herab ins Neckartal gewann.