Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Sie haben vor mehr als hundert Jahren die Geschicke von Untertürkheim bestimmt und das Erscheinungsbild des einstigen Wengerterorts geprägt: der damalige Schultes Eduard Fiechtner und Ortsbaumeister Julius Lusser. Ohne die beiden Persönlichkeiten, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gewirkt haben, wäre Untertürkheim sicherlich nicht der Stadtbezirk, der er heute ist. Für Klaus Enslin, den Vorsitzende des Bürgervereins Untertürkheim ist dies ein Anliegen, die Biografie und das Schaffen der beiden Macher von einst in der aktuellen Ausstellung im Rotenberger Ortsmuseum vorzustellen.

„Bei der Präsentation des Stuttgarter Ehrenbürgers Eduard Fiechtner konnte ich auf die hervorragenden Tafeln zurückgreifen, die mein Vorgänger Eberhard Hahn zusammengestellt hat“, sagt Enslin. Auf den Schautafeln können die Ausstellungsbesucher das Geschick und die Weitsicht des damaligen Untertürkheimer Schultheiß erleben. Dem Untertürkheimer gelang es, die beiden Autopioniere Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach davon zu überzeugen, dass Untertürkheim der ideale Standort für die künftige Fabrik der Daimler-Motorengesellschaft ist. Der Vertrag wurde 1900 unterschreiben, seitdem ist Untertürkheim der Stammsitz des Weltkonzerns. Eine Voraussetzung war jedoch auch das kommunale Elektrizitätswerk. Fiechtner überzeugte nicht nur die politischen Verantwortlichen der damals noch selbstständigen Gemeinde, sondern hatte auch einen Baumeister im Visier, der Erfahrung im Bau von Stromkraftwerken hatte: Julius Lusser. „Er hat in Trossingen einen Stadtbahnhof und das E-Werk für den Betrieb der Zugstrecke gebaut“, sagt Klaus Enslin. Fiechtner gelang es Lusser 1898, kurz bevor das Trossinger E-Werk in Betrieb ging, nach Untertürkheim zu locken. Lusser wurde zum Ortsbaumeister gekürt und errichtete das Wasserkraftwerk, das heute noch Strom erzeugt und als ältestes kommunales Kraftwerk auch wegen seiner Architektur als Industriedenkmal geschützt ist. Mit seinem typischen Baustil, einer Kombination aus Ziegelstein und Fachwerk, prägte Lusser fortan - eigentlich bis heute - das Ortsbild Untertürkheims. Neben zahlreichen Wohnhäusern ragt die Kelter der heutigen Weinmanufaktur als zweites markantes Statement seiner Bautätigkeit und des Zusammenspiels mit Fiechtner heraus. Noch vor der Fusion Untertürkheims mit Stuttgart im Jahr 1905 war es Fiechtner gelungen, die Genossenschaftswengerter vom Bau einer zeitgemäßen Kelter zu überzeugen. Lusser entwarf den 160 Meter langen Bau mit Stahlbetondecke, der damals modernsten Kelter Europas.

Die Ausstellung wird am Sonntag, 9. April, eröffnet. Das Museum im alten Schulhaus Rotenberg ist am Palmsonntag von 11 bis 16 Uhr geöffnet. An den folgenden Sonntagen bis September ist die Ausstellung von 14 bis 16 Uhr zu besichtigen. Der Eintritt ist frei. Gezeigt werden auch die Ortsvorsteher, die von 1545 bis heute die Geschicke Untertürkheims lenkten und lenken.