Der Service des Absenkens für Menschen mit eingeschränkter Mobilität wird in den SSB-Bussen angeboten - aber nicht automatisch. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

(ale) - Seit vielen Jahren setzt die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) in der Landeshauptstadt sogenannte Niederflurbusse ein, die sich per Knopfdruck absenken lassen. Dadurch wird der Ein- und Ausstieg deutlich leichter gemacht. Doch nicht an allen Haltestellen wird der Service eingesetzt, sondern nur nach „Bedarf“. Sehr zum Ärger vieler älterer und gehbehinderter Menschen.

Durch die gute Anbindung an das Stadtbahnnetz verkehrt im Stadtbezirk Wangen überhaupt keine Buslinie der SSB. Dennoch haben sich bei Bezirksvorsteherin Beate Dietrich Bürgerinnen und Bürger über den aus ihrer Sicht unsinnigen Zustand an den Bushaltestellen beschwert. „Vor allem über die Tatsache, dass sich die Busse nicht zur Seite neigen, herrscht großer Unmut“, erklärt Dietrich. Ein barrierefreies Ein- und Aussteigen ist so nur erschwert möglich. Gerade an Bushaltestellen wie der „Dürrbachstraße“ an der Rohrackerstraße in Hedelfingen sei dies wichtig. Schließlich liegt in unmittelbarer Nachbarschaft das Emma-Reichle-Heim. „Gerade diese Bushaltestelle wird daher von vielen älteren Menschen mit eingeschränkter Mobilität genutzt“ weiß Dietrich aus den Beschwerden. Doch nicht generell wird der Bus auch abgesenkt.

„Das geschieht nur im Bedarfsfall“, erklärt SSB-Sprecher Hans-Joachim Knupfer. Hintergründe dafür seien zum einen ebenfalls Fahrgastbeschwerden über die Schaukelbewegung des Busses, die durch das einseitige Absenken entstünden. Zum anderen aber vielmehr noch der Zeitverlust. Mehrere Sekunden werden für das Absenken wie auch im Anschluss wieder für die Anhebung des Fahrzeugs benötigt. „In der Summe gesehen würde dies dazu führen, dass wir die Fahrpläne nicht mehr einhalten können“, sagt Knupfer. Deshalb sei das generelle Absenken an jeder Haltestelle auch in Zukunft nicht möglich.

Vielmehr reagiere jeder Fahrer individuell darauf, wenn eindeutig ersichtlich sei, dass dies notwendig sei - zum Beispiel bei älteren Menschen mit Rollatoren oder Eltern mit Kinderwagen. Zudem könnte ein Fahrgast jederzeit um den entsprechenden Service bitten, der dann auch gewährleistet werde. Oder direkt die dafür vorgesehenen blauen Türöffner mit gelben Kinderwagensymbol nutzen.

Zwischen fünf und sechs Zentimeter können die dafür eingerichteten Niederflurbusse abgesenkt werden. Bei einer durchschnittlichen Bordsteinhöhe von acht bis zwölf Zentimetern bleibe immer noch ein Höhenunterschied von circa zehn Zentimetern, aber deutlich weniger als ohne technische Hilfsmittel. Um den Komfort für die Fahrgäste weiter zu erhöhen, baut die SSB sukzessive die Haltestellen mit 18 Zentimeter hohen Hochbordsteinen aus. Vor vier Jahren waren von den insgesamt 750 Haltestellen im Stadtgebiet bereits 20 Prozent umgerüstet. „Im Schnitt kommen zehn weitere pro Jahr hinzu“, sagt Knupfer. Dabei könne man auf besondere Wünsche nicht eingehen, denn bei Kosten von circa 50 000 Euro pro Haltestelle, könne man nur punktuell vorgehen, meist in Zusammenhang mit geplanten Straßensanierungen.

Das sei zwar lobenswert, „aber es wird sicher noch sehr lange dauern bis alle Bushaltestellen in Stuttgart barrierefrei umgerüstet sind“, weiß Walter Tattermusch, der städtische Beauftrage für Belange von Menschen mit Behinderung. Generell wünscht er sich, dass das Angebot der SSB mit den blauen Tasten und der Bitte beim Fahrer offensiver beworben werde. „Viele Menschen wissen das überhaupt nicht“, sagt Tattermusch. Und auch dann sei nicht sicher, „ob das im Hnblick auf einen besseren Service der Weisheit letzter Schluss ist.“