In einer kleinen Feierstunde wurde die neue Glocke in der Alten Kirche musikalisch „begrüßt“. Mitte Juli soll sie im Turm montiert werden. Foto: Kuhn Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Sieben Zentner schwer, 68 Zentimeter im Durchmesser groß und silberfarben steht das Glanzstück seit gestern im Altarraum der Alten Kirche. Nach 86 Jahren „ohne“ erhält das Kleinod wieder ein Geläut. Der Förderverein Alte Kirche hat die rund 35 000 Euro teure Investition finanziert. Eingebaut und das erste Mal erklingen, soll die neu gegossene Glocke erst Mitte Juli.

Für viele Hedelfinger war gestern ein Festtag. 86 Jahre nachdem die letzte Glocke im Turm der Alten Kirche geläutet hatte, strömten zahlreiche Bürger gestern Vormittag in die Alte Kirche, um die neue „Stimme“ der Alten Kirche in Empfang zu nehmen. Sie trägt ein weiteres Kapitel zu der bewegten Geschichte der Hedelfinger Glocken bei. Im Mai wurde das Schmuckstück - unter Beisein einiger Fördervereinsmitglieder - in Karlsruhe gegossen. Im Schmelzofen wurde die Glockenbronze bestehend aus 78 Prozent Kupfer und 22 Prozent Zinn auf 1100 Grad Celsius erhitzt. Glockengießer in Hitzeschutzanzügen ließen dann die glühende Bronze in die für die Hedelfinger Glocke vorgesehene Form fließen. „Ein bewegender Moment“, erklärte Professor Eberhard Schwarz, der Vorsitzende des Fördervereins Alte Kirche.

Das Werk war vollbracht, der Zeitplan bereits festgezurrt. Die Glocke sollte am 24. Juni mit einer Spezialfirma nach Hedelfingen gebracht und bis Abend mithilfe eines Krans in den Turm gehoben und angeschlossen werden. „Vor dem Einheben wollten wir die Glocke ursprünglich vor der Kirche abstellen und in einer kurzen Feier in Empfang nehmen“, erzählt Schwarz. Es kam anders. Da die Kranfirma die Verkehrsschilder für die kurzfristige Sperrung der Amstetter Straße zu spät bei der Stadtverwaltung eingereicht hatte, planten die Verantwortlichen des Fördervereins um. Die neue Glocke wurde am Donnerstag in die Alte Kirche „geschoben“, geschmückt und gestern Vormittag mit einem kleinen Festakt sowie am Abend mit dem Sommerkonzert in der voll besetzten Kirche begrüßt.

„Für uns ist heute ein historischer Tag“, meinte Schwarz. Vor mehr als 250 Jahren riefen bereits Glocken des Dorfkirchleins zu den Gottesdiensten. In einer Chronik aus dem Jahr 1863 wurde festgehalten, dass die mittlere der drei Glocken einen Sprung hatte und neu gegossen werden musste. 1917 sollte das Geläut abgebaut und für Rüstungszwecke eingeschmolzen werden. Der damalige Hedelfinger Pfarrer verhinderte dies. 1930 endete die Ära der Glocken in der Alten Kirche dennoch. „Die drei Glocken der Alten Kirche wurden damals zur Finanzierung der Glocken für die neue Kreuzkirche benötigt“, erzählt Schwarz. 86 Jahre lang war das Kleinod stumm.

Vor zwei Jahren gab ein Hedelfinger dann den Anstoß: Der Förderverein entschloss sich bewusst, die Glocken zu finanzieren. „Damit sich die Alte Kirche zu bestimmten Anlässen wieder Gehör verschaffen kann“, erklärte Hedelfingens Pfarrer Wilhelm Kautter. Der Klang des neuen Glöckleins ist mit den vier Glocken der benachbarten Kreuzkirche abgestimmt und soll Gottesdienste, Beerdigungen, Taufen und andere kirchliche Anlässe in der Alten Kirche begleiten. Dekan Eckart Schultz-Berg beglückwünschte den Förderverein zum Glockenklang. Er könne die Kirche und den Glauben auch nach außen präsentieren. Passend dazu ziert die Jahreslosung 2015 „Nehmt Euch aneinander an, wie Christus Euch angenommen hat“ als Inschrift den Glockenrand. „Auf dass der Klang unserer neuen Glocke alle erfreut“, wünscht sich Schwarz.