Archiv Foto: SDMG/Werner Quelle: Unbekannt

Von Alexander Müller

Knapp 1100 Freiwillige Feuerwehrkräfte verteilt auf 24 Abteilungen gibt es derzeit in Stuttgart. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zum Grundschutz in der Landeshauptstadt, retten im Notfall Menschenleben. Doch der Nachwuchs fehlt. Die Abteilungen aus Hedelfingen und Rohracker schlagen Alarm. Mittelfristig sehen sie die Sicherheitspflicht gefährdet. Sie wünschen sich mehr Unterstützung von der Politik. Unter anderem eine großflächig angelegte Werbekampagne.

Die 24 Freiwilligen Feuerwehren sind die ersten am Einsatzort, wenn es brennt. Schließlich haben sie, verteilt auf das gesamte Stadtgebiet, die kürzesten Anfahrtswege. „Dabei kommt es immer wieder vor, dass wir auf uns alleine gestellt sind“, sagte Hans Eisele, der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Hedelfingen in der vergangenen Sitzung des Bezirks- und Sicherheitsbeirates. Denn angesichts der Verkehrsproblematik in der Landeshauptstadt würde die Berufsfeuerwehr vermehrt im Stau stecken bleiben. Mit aktuell 52 aktiven Mitgliedern zählt man zu den größten Stuttgarter Abteilungen. Der Trend zeigt aber deutlich nach unten. „Alleine im Vorjahr haben wir zehn aktive Mitglieder verloren“, erklärt Eisele. Noch sei die Fähigkeit im Notfall auszurücken gegeben, „aber sollten in den kommenden fünf Jahren weitere zehn Mitglieder wegfallen, ist dies in Frage gestellt“, warnt Eisele. Denn der Nachwuchs fehlt.

Ähnlich ergeht es auch den Kollegen aus Rohracker. „Wir befinden uns im Sinkflug“, sagt Kommandant Ralph Werner. Mit noch 27 Feuerwehrleuten sei man bereits an der unteren Grenze. Deshalb beteiligt sich Rohracker am Pilotprojekt „Cool genug für ein heißes Hobby!“, mit dem bereits Grundschüler an die Jugendfeuerwehr herangeführt werden. Mit 15 Kindern ist das Projekt ausgebucht, kann aus versicherungstechnischen Gründen trotz vieler Anfragen nicht ausgebaut werden. Das Programm muss aus der eigenen Kasse der Feuerwehrgruppe bezahlt werden. Unter anderem wünscht man sich daher einen hauptamtlichen Jugendbeauftragten wie er in anderen Städten seit langem üblich ist. Und auch die Nachwuchswerbung werde bislang stiefmütterlich behandelt. Aus der Not starten die Abteilungen aus Hedelfingen und Rohracker nun selbst eine eigene Werbekampagne.

Bereits vor einem Jahr hatte Eisele Alarm geschlagen, fühlte sich von Seiten der Stadtverwaltung im Stich gelassen. Nun schlug er moderatere Töne an, von verschiedenen Fraktionen im Gemeinderat hat er inzwischen Unterstützung zugesagt bekommen. Zudem erhalten alle Wehrleute neue Uniformen und hat die, allerdings nur um wenige Meter, Erweiterung des Hedelfinger Magazins begonnen. Dennoch wartet er gespannt auf die Beratungen für den Doppelhaushalt 2018/19. Bislang habe man bei der Politik „auf Granit gebissen“. Ende des Jahres werde sich zeigen, ob die neuen Zusagen nur Lippenbekenntnisse waren. Der Grundschutz in Stuttgart könne nicht alleine durch die Berufsfeuerwehr gewährleistet werden. „Die Freiwilligen Abteilungen sind eine absolute Notwendigkeit, um die Sicherheit in Stuttgart gewährleisten zu können. Das muss nun auch endlich in den Köpfen festsetzen.“

Dessen ist sich auch der Stuttgarter Feuerwehrpräsident Frank Knödler bewusst. Mit 530 hauptamtlichen Stellen, verteilt auf fünf Bezirke, verfügt die Berufsfeuerwehr nicht einmal über die Hälfte der Stärke der Freiwilligen Kollegen. Das reiche nur durch die traditionell schlagkräftige Unterstützung aus. Unter anderem, um die vorgegebenen maximal zehn Minuten vom Alarm bis zum Eintreffen am Einsatzort gewährleisten zu können. Mit den derzeit 1100 Mitgliedern seien die Freiwilligen Feuerwehren nach wie vor gut aufgestellt: „Das ist aber die Mindestzahl, optimal wären 1200 Mitglieder“, sagt Knödler.

In Hedelfingen und Rohracker handele es sich um punktuelle demografische Dellen. Aber es sei grundsätzlich immer schwieriger, im Zuge der beruflich geforderten Flexibilität den nötigen Nachwuchs zu genieren. „Wir müssen den Finger jetzt in die Wunde legen, nicht erst, wenn es zu spät ist.“ Auch vor diesem Hintergrund hat das Land geplant, eine neue Werbekampagne ins Leben zu rufen. „An diese wollen wir uns in der Stadt beteiligen“, verspricht Knödler. Unter anderem kann er sich großflächige Plakate auf Stadtbahnen und Bussen vorstellen, wie es in Hessen üblich ist. Zudem will der Stadtfeuerwehrverband im kommenden Doppelhaushalt weitere Stellen beantragen, unter anderem zum ersten Mal einen hauptamtlichen Jugendbeauftragten. Beides habe zum Ziel, den nötigen Nachwuchs gewinnen zu können. Auch beim Pilotprojekt in jungen Jahren, damit sie den „Geruch der Feuerwehr“ früh aufnehmen können. Denn sollte die Mitgliederzahl irgendwann weiter fallen, betont Knödler, „müsste die Berufsfeuerwehr aufgestockt werden, um die gesetzliche Sicherungspflicht gewährleisten zu können“.