Nistkästen sind für Höhlenbrüter wie Meisen der ideale Ersatz für Spechtlöcher in alten Bäumen. Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Spatzen, Amseln und Meisen pfeifen es frühmorgens von den Dächern: Brautschau und Brutsaison haben begonnen. Mit ihrem Gesang stecken die Singvögel ihr Revier ab und werben um den Partner. Wegen den Folgen des Klimawandels beginnen sie früher mit dem Nestbau und der Aufzucht - ein Risiko für die Jungtiere. Viele fallen aus dem Nest. Doch Vogelexperten empfehlen: Keine Sorge um die kleinen Piepmätze. Denn meistens kümmern sich die Vogeleltern noch um ihren Nachwuchs.

Die ersten Vögel pfiffen bereits im Februar auf die Winterruhe. Die morgendlichen Vogelstimmen signalisierten den nahenden Frühjahr. Mittlerweile ist der Sängerwettstreit ausgebrochen. Alle Singvögel sind aus ihren Winterquartieren zurück und auch jene, die bei uns überwintern, machen auf sich aufmerksam. „Der Gesang wird durch Geschlechtshormone ausgelöst. Die Männchen behaupten ihr Areal und wollen mit ihrer Melodie Weibchen gewinnen oder die Partnerin halten“, sagt Stefan Bosch, der Fachbeauftragte für Ornithologie beim Naturschutzbund. Er empfiehlt jetzt, auf die Melodien zu achten. Denn: Im März und April hört man den Chor der Vogelstimmen am intensivsten, danach flaue das Gezwitscher ab. Den Vögeln ist weniger zum Singen zumute. Es fehlt einfach die Zeit dazu. Zudem: Mit vollem Schnabel zwitschert es sich schlecht. Der Schnabel dient zum Transport von Material zum Nestbau und Futter.

Die Brutsaison hat bereits begonnen. Wissenschaftler haben den Einfluss des Klimawandels bewiesen: Die Vögel beginnen immer früher mit dem Nestbau und der Aufzucht der Jungtiere. „Sie gehen dabei ein Risiko ein. Eine Frost- und Regenperiode kann die Brut gefährden“, sagt Bosch. Den jungen Piepmätzen droht eine schwierige Kindheit, die Vogeleltern haben Stress. Denn auch das Futterangebot ist noch dünn. Insofern raten einige Vogelkundler, den Elterntieren ein wenig unter die Flügel zu greifen und weiterhin Vogelfutter anzubieten. Innerhalb der Ornithologen wird die Fütterung allerdings kontrovers diskutiert. Es gibt auch Gegner. „Wer jetzt noch Reste von der Winterfütterung besitzt, kann sie aber ins Vogelhäuschen legen. Dies schadet sicherlich nicht“, sagt Bosch diplomatisch.

Auf Heckenschnitt verzichten

Mehr helfen die Menschen, indem sie den Vögeln ihre Nistplätze nicht streitig machen. Die Höhlenbrüter unter den Vögeln - beispielsweise Meisen, Stare und Spechte - benötigen alte Bäume, am besten mit Spechtlöchern. Die so genannten Freibrüter wie Spatzen und Amseln suchen sich in Hecken, Sträuchern oder in Astgabeln ein sicheres Plätzchen für ihr Nest. Sofern die Menschen nicht alles zurück- oder abgeschnitten haben. „Deswegen sind Fällungen und Radikalschnitte nun verboten und mit dem Pflegeschnitt sollten Gartenbesitzer noch etwas warten“, bittet Bosch. Zumal in vielen Nestern bereits Eier liegen oder sogar bettelnde Jungtiere sitzen.

Für die Piepmätze und die Eltern ist jetzt die stressigste Zeit. Unaufhörlich schaffen die Altvögel Futter heran, stopfen die hungrigen Schnäbel. Immer wieder fallen dabei junge Tiere aus dem Nest. Wie sollen sich Menschen dann verhalten? Natürlich versteht Bosch den Reflex, den nackten oder knapp gefiederten Kleinen zu helfen. „Aber oft ist es besser, wenn man sie in Ruhe lässt und nur beobachtet“, sagt der Vogelkenner. Meistens seien die Eltern in der Nähe der flüggen Jungen und locken sie mit Futter wieder auf einen Ast oder an eine sichere Stelle. „Es hilft auch, den Jungvogel ins sichere Gebüsch zu tragen“, sagt Bosch. Die Piepmätze dürften dazu kurz in die Hand genommen werden. „Im Gegensatz zu Rehen oder Hasen spielt der Geruch des Menschen bei Vögeln keine Rolle.“