In vielen Landschaftsschutzgebieten wie am Wangener Berg entstehen illegale Gartenhäuser.Archiv Foto: Dietrich Quelle: Unbekannt

Von Alexander Müller

Nicht nur am Wangener Berg, sondern in allen Landschaftsschutzgebieten sind die illegalen Gartenhäuser seit Jahren ein großes Problem. In einem Pilotprojekt hat die Stadt eine Bestandsaufnahme in zwei Gebieten in Rotenberg und am Cannstatter Burgholzhof/Wolfersberg durchgeführt. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Fast 600 Jahre bräuchte eine Person, um gegen alle illegalen Bauten in ganz Stuttgart vorzugehen. Dafür sind derzeit keine Ressourcen vorhanden.

Die Landschaftsschutzgebiete in Stuttgart umfassen 6740 Hektar - immerhin ein Drittel des gesamten Stadtgebiets. Hinsichtlich illegaler Bauten kommen fast exakt die Hälfte auf circa 30 000 Flurstücken in Frage. Eine Mammutaufgabe. Zu groß, als dass die Stadt mit aller Macht dagegen vorgehen könnte. Denn dafür fehlt schlicht und ergreifend das Personal beim Baurechtsamt.

Wie groß die Aufgabe ist, das zeigt sich nun anhand eines Pilotprojekts, das die untere Naturschutzbehörde des Amts für Umweltschutz zusammen mit dem Stadtmessungsamt durchgeführt hat. Bereits im vorangegangenen Doppelhaushalt hatte der Gemeinderat dafür 150 000 Euro zur Verfügung gestellt. Auslöser waren damals Bilder von schweren Gitterzäunen sowie palastartigen, illegalen Gartenhäusern und in den Hang gegrabenen, gepflasterten Parkplätzen am Wangener Berg, die Bezirksvorsteherin Beate Dietrich den Stadträten präsentierte.

Im Rahmen des 2015 durchgeführten Pilotprojekts wurden beispielhaft zwei Gebiete rund um Rotenberg sowie um den Cannstatter Burgholzhof und Wolfersberg ausgewählt. Ziel der Erfassung war es, einen Überblick über den nötigen Aufwand zu eruieren. Und dieser ist gewaltig. Für die zusammen 60 Hektar großen Gebiete - das entspricht gerade einmal 1,5 Prozent der gesamten Landschaftsschutzfläche - musste das Stadtmessungsamt für die örtliche Erfassung der 430 Flurstücke 380 Arbeitsstunden aufwenden. Weitere 110 kamen für die Erfassung und den Einblick in die Akten beim Baurechtsamt hinzu. Ein vierköpfiges Team wäre alleine mit den beiden Pilotprojekten über mehrere Jahre hinaus beschäftigt. Hochgerechnet auf alle Landschaftsschutzgebiete würde alleine die Erfassung „10 bis 15 Personenjahre“ in Anspruch nehmen, die Kosten lägen zwischen 2,5 und 3 Millionen Euro.

Doch damit nicht genug. Denn auch die Umsetzung der baulichen Vorgaben nimmt noch einmal mindestens genauso viel Zeit in Anspruch. So wurde bereits zwischen 2013 und 2015 von einer Mitarbeiterin das Gebiet Burghalde-Allmendhäule in Rohracker untersucht und auch baurechtliche Vorgaben an die Eigentümer umgesetzt. In drei Jahren konnten dabei nur zwölf Prozent der circa 1200 Grundstücke in dem 54 Hektar großen Gelände bearbeitet werden. Auf ganz Stuttgart würde dies eine Dauer von 600 Jahren bedeuten.

Dennoch sei es wichtig, gegen illegale Bauten vorzugehen, „schließlich konnten wir auch Erfolge feiern und vor allem sensibilisieren“, sagt Renate Kübler vom Amt für Umweltschutz. Möglich sei es, sich die schwerwiegendsten Verstöße herauszupicken und dagegen vorzugehen. „Wir erhoffen uns dadurch auch eine Signalwirkung“, sagt Kübler. Als Amt für Umweltschutz sei man aber in erster Linie für Verstöße gegen den Naturschutz zuständig, wie hohe Mauern, Zäune oder Abgrabungen. Für die baurechtlichen Probleme sei das Baurechtsamt zuständig. Aufgrund des Personalmangels der Ämter fehle es aber häufig an der Umsetzung. „Insofern sind wir ein Stück weit ein zahnloser Tiger“, moniert Kübler.

Derzeit seien die Möglichkeiten des Baurechtsamts aus Kapazitätsgründen in den Außenbezirken sehr eingeschränkt, bestätigt der stellvertretende Amtsleiter Rainer Grund. In erster Linie bei Gefahr im Verzug oder auch, wenn ein Bausünder in flagranti ertappt werde, gehe man dagegen vor. Die frühere Abteilung, die ausschließlich für die Außenbezirke zuständig war, sowie den Feldschutz gibt es nicht mehr. Deshalb habe man auch für den kommenden Doppelhaushalt neue Stellen beantragt. „Optimal wäre mindestens eine Gruppe von vier Mitarbeitern für die Aufgabe“, sagt Grund. Aber bis dahin ist ein flächendeckendes Vorgehen gegen illegale Bauten in den Landschaftsschutzgebieten schlicht nicht möglich.