Beim traditionellen, ökumenischen Kreuzweg trug Diakon Ivan Jelec das schwere Holzkreuz durch Wangens Straßen. Foto: Kuhn Quelle: Unbekannt

(mk) - Wangens Christen halten die Tradition aufrecht: Gestern Abend machten sich Mitglieder der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde auf den ökumenischen Kreuzweg. An fünf Stationen wollten sie den Leidensweg Jesu Christi anhand von Bibeltexten zur Ostergeschichte nachempfinden und gleichzeitig für die Würde der Menschen auf die Straße gehen.

Die Passanten an der Haltestelle Wangener Marktplatz schauten gestern verdutzt. Eine Demonstration? Um 17.30 Uhr versammelten sich Mitglieder der evangelischen und katholischen Kirchengemeinde auf dem Marktplatz. Pastoralreferent Markus Lindel trug einen mobilen Lautsprecher und Pfarrer Joachim Wolfer packte seine Gitarre aus. Erst als Diakon Ivan Jelec das schwere Holzkreuz aufrecht stellte, erschloss sich vielen der Grund des Treffens: der ökumenische Kreuzweg am Karmittwoch. „Wir wollen den Leidensweg Jesu nachspüren und dabei auch auf das Leid vieler unterdrückter Menschen von heute schauen“, sagte Pfarrer Wolfer und las trotz Autolärm einen Bibeltext vom Einzug von Jesus in Jerusalem.

Der Leidensweg begann: Mit dem Kreuz auf der Schulter führte Jelec die Prozession zum Spielplatz am Jugendhaus B 10. Dort thematisierten die Mitglieder des Ökumenischen Kreises das Verhalten der Jünger im Garten Gethsemane. Einer verriet, einer verleugnet Jesu. „Augen zu und durch? Verhaltensmuster, die uns vertraut sind“, sprach Wolfer ins Mikrofon. Er nahm damit das Thema des diesjährigen Kreuzwegs „Ansehen und Würde des Menschen. Wegschauen oder Stellung beziehen?“ auf. Über die katholische Kirche St. Christophorus als dritte Station liefen die Teilnehmer zum evangelischen Gemeindehaus. Jesus vor der politischen Macht, lautet das Thema des vierten Halts. Der Bibeltext drehte sich ums Winden von Pontius Pilatus, der Jesus eigentlich nicht verurteilen wollte, aber dem Volk nachgab. „Er hatte nicht den Mut eine andere Meinung als das Volk zu vertreten“, so Wolfer in Anspielung auf „viele Staatsmänner, denen ebenfalls diese Courage fehlt.“ Deswegen gebe es auch keine Amnestie für politische Gefangene, für Whistleblower oder inhaftierte Journalisten, meinte eine Teilnehmerin. An der Kelter endete der Kreuzweg. Mit Bibeltexten wurde dort das Verhalten des Volkes vor Augen geführt: Am Palmsonntag Hurra-Schreie und wenige Tage später „Kreuzige-ihn“-Rufe. „Das Kreuz mahnt uns daran zu denken, was Menschen zu verantworten haben, wenn Menschen unschuldig sterben“, erinnerte Wolfer.