Wiedersehen mit einem Obertürkheimer Jungscharfreund: Sebastian Koch, Thomas Jaeschke und dessen Partnerin Carmen Durchdenwald. Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Einen heiteren, besinnlichen, manchmal nachdenklichen und zum Finale emotionalen Abend erlebten die Besucher am Mittwoch in der Obertürkheimer Andreaskirche. Für viele Gäste war‘s auch ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten: Sebastian Koch. Der Schauspielstar, der Top-Rollen in amerikanischen Kinofilmen übernahm und Persönlichkeiten wie Albert Speer, Richard Oetker, Stauffenberg oder Klaus Mann verkörperte, ist in Obertürkheim aufgewachsen. Am Mittwoch schlüpfte er in eine andere Rolle - als Vorleser und im Finale als Gitarrist sowie Sänger, der besondere Momente in die voll besetzte Andreaskirche zauberte. In „seiner“ Kirche, in dem er als Jungscharler oft die Bänke gedrückt habe.

Obertürkheims berühmter Sohn ist seit Ende November mit seinem vorweihnachtlichen Programm „Und lauscht hinaus den weißen Wegen“ auf Konzert- und Lese-Tour. Zum Abschluss saß der Schauspieler an einem mit roter Decke geschmückten Tisch vor seiner mit Spannung wartenden Gemeinde aus Fans, alten Freunden und Bekannten. Als jugendlicher Gottesdienstbesucher habe er sich oft ein Grinsen verdrücken müssen, in seinem Programm aus Poesie, Lyrik und humorvollen Beiträgen war Lachen erlaubt oder sogar erwünscht. Mit Rilke-Texten brachte Koch zu Beginn gleich einen weihnachtlich Zauber in den nur mit Kerzen beleuchten und mit rotem Licht angestrahlten Kirchenraum. Nicht weniger bezaubernd war anschließend der von Koch vorgelesene Leserbrief aus der englischen Sun. Ein Mädchen fragte, ob es wirklich den Weihachtsmann gäbe. In einer hinreißenden Antwort zerstreute der Chefredakteur jeden Zweifel. Schließlich: Wenn es keinen Weihnachtsmann gäbe, gäbe es auch keine Liebe, keine Romantik und keine Poesie. Humorvoll-hintersinnigen Texten von Gerhard Polt, Hanns-Dieter Hüsch und Axel Hacke über die ruhelose Vorweihnachtszeit mit Geschenkekauf und dem Familienfest, das mit der Institution Weihnachten einhergeht, folgte die rührende Geschichte des Ehepaares, von denen Beide ihr Wertvollstes opferten, um Geld für ein Wunschgeschenk für den Partner zu erhalten. Gänsehautstimmung, wie auch bei den Weihnachtsliedern, mit denen die Andreaskantorei unter der Leitung von Lukas Nagel gefühlvoll und meisterhaft den Kirchenraum füllte. Vor dem Auszug aus der Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium nutzte Koch die Stimmung für einige persönliche Worte. Er rief dazu auf, „gerade in den schwierigen Tagen nach dem Anschlag in Berlin, die Stimme für die Demokratie und unsere Werte, wie Gleichberechtigung, Nächstenliebe und Toleranz zu erheben“, damit die Anderen, die jetzt laut hetzen, merken, dass sie nicht die Mehrheit sind. Lang anhaltender Applaus und anschließend andächtige Ruhe während „Stille Nacht“ der Andreaskantorei. Eine besondere Zugabe erlebten die Besucher mit Kochs persönlichem Finale: Auf seiner alten Jungschar-Gitarre spielte er zunächst das Lieblingsweihnachtslied seiner Mutter und sang ihr dann mit seiner Tochter Paulina das Geburtstagsständchen „Schön, dass Du geboren bist“.