Wenn die sonst scheuen und nachtaktiven Tiere plötzlich tagsüber auf Straßen und Wegen unterwegs sind, ist Vorsicht geboten. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Alexander Müller

Der städtische Tiernotdienst musste vergangenen Freitag einschreiten und einen Fuchs in Uhlbach töten. Hintergrund war die offensichtliche Erkrankung des sonst scheuen Tieres am Staupe-Virus. Kein Einzelfall in Stuttgart. „Derzeit werden vermehrt Fälle gemeldet“, sagt Dr. Thomas Stegmanns, der Amtsveterinär der Stadt. Die für Menschen ungefährliche Krankheit ist vor allem für Hunde gefährlich. Diese sollten nicht frei durch Wälder und Wiesen streifen, warnt die Stadt.

Für Aufsehen sorgte der Fuchs am vergangenen Freitag in Uhlbach. Scheinbar unbeeindruckt von der Umgebung trottete das sonst scheue Wildtier über die obere Uhlbacher Straße. „Die Phänomene sind deutliche Schwäche und Orientierungslosigkeit“, sagt der Uhlbacher Jagdpächter Siegfried Berner. Bereits in den vergangenen Wochen hat er von vermehrten Staupe-Fällen in den umliegenden Landkreisen in Esslingen oder im Rems-Murr-Kreis gehört, „nun kommt die Krankheit auch langsam nach Stuttgart“. Selbst darf der erfahrene Waidmann innerorts nicht jagen, deshalb wurde der städtische Tiernotdienst alarmiert. Dieser erlöste den aufgrund der vereiterten Augen offenkundig kranken Fuchs mit einem Fangschuss. Gemäß dem typischen Verfahren wurde das Tier zur Untersuchung ins chemische Veterinäruntersuchungsamt nach Fellbach gebracht. Die Ergebnisse stehen noch aus. Einen Fall von Tollwut schließt Hansjörg Longin, der Leiter des Tiernotdienstes, aus: „Das haben wir seit knapp 20 Jahren in Stuttgart nicht mehr gehabt“. Umso mehr könnte sich der Verdacht der Staupe-Erkrankung erhärten.

Für Stegmanns ist der Fall klar: „Es muss Staupe gewesen sein.“ Seit nunmehr drei Jahren tritt der Virus in Stuttgart vermehrt bei Füchsen, aber auch bei Dachsen und Mardern auf. „Wir hatten mehrere Dutzend Fälle“, sagt der Amtsveterinär. Der Befall mit dem Virus endet für die Tiere in der Regel tödlich, eine Behandlungsmöglichkeit gibt es nicht. Vor allem bei Füchsen befällt Staupe das Nervensystem. Die Folge sind Orientierungslosigkeit und Lähmungen. Die sonst nachtaktiven Tiere verlieren ihre Scheu vor Menschen. „Wenn die Füchse dann in Wohngebieten auftauchen, verwechseln das viele Menschen mit Tollwut“, erklärt Stegmanns. Dennoch sei in selchen Fällen Vorsicht geboten.

Für Menschen ungefährlich

Staupe ist für den Menschen zwar absolut ungefährlich. Das eng mit den Masern verwandte Virus kann hingegen auf Hunde übertragen werden. Diese sind in der Regel gegen Staupe geimpft. Durch die nun aufgetretene Häufung sollten die Hundebesitzer aber ganz genau schauen, ob ihr Tier wirklich geimpft ist. „Das kann man entweder aus dem Impfpass herauslesen oder einfach den Haustierarzt befragen“, rät Stegmanns.

Die Krankheit bei Hunden kann das Immunsystem, den Magen oder auch die Lungen befallen. Die Folgen sind allgemeine Schlappheit, Husten oder auch Erbrechen und Durchfall. Dies ist für den Hund aber nicht lebensgefährlich. Das ist nur der Fall sollte sich Staupe wie beim Fuchs auf das Nervensystem auswirken. Dann könnte es zum Erblinden und zu Lähmungen führen, die letztendlich zum Tode führen. Bislang ist Stegmanns kein Fall in Stuttgart bekannt, bei dem ein Hund an Staupe gestorben sei. Dennoch warnt er davor, derzeit die Tiere außer Sichtweite über die Wiesen und durch die Wälder streifen zu lassen. Wenn dort Kadaver von toten Füchsen, Dachsen oder Mardern liegen, bestehe nicht nur die Gefahr der Staupe-Ansteckung, sondern auch der Befall durch Parasiten.

Einen schönen Nebeneffekt hat diese Warnung für Jagpächter Berner: „Damit sind auch die nun im Winter besonders geschwächten Rehe besser vor Hunden geschützt.“ Zwar sei die Zahl der wildernden Hunde seit der Plakataktion mit Warnhinweisen, die die Jagdpächter rund um Uhlbach, Rotenberg und Untertürkheim im vergangenen Jahr ins Leben gerufen haben, besser geworden. „Aber jeder Fall ist einer zuviel“, betont Berner.

Staupe

Staupe wird durch das Canine Staupevirus (CDV, Canine Distemper Virus) ausgelöst. Es ist eng verwandt mit dem Masernvirus des Menschen, Die Viruserkrankung ist seit Jahrhunderten bei Haushunden bekannt - aber auch bei Katzen, Dachsen und Mardern. Kennzeichnend sind Fieber und Abgeschlagenheit. Je nach befallenem Organsystem können Erbrechen oder Atemwegssymptome auftreten. Im weiteren Verlauf kann es zu einer Schädigung des Gehirns kommen. Bis zur Einführung der Impfung in den 60er-Jahren war die Staupe in Deutschland eine der verlustreichsten Hundekrankheiten. Seit den 80er-Jahren ist wieder eine Zunahme zu beobachten.