Tempo 30 vor der Kindertagesstätte am Alten Friedhof wünschen sich die Eltern, Anwohner und einige Bezirksbeiräte Untertürkheim. Foto: Kuhn Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Die Bundesregierung hat die Hürden zur Einrichtung von Tempo-30-Zonen gesenkt. Vor Schulen, Kitas und Heimen dürfen Städte nun auch auf Vorbehaltsstraßen die Geschwindigkeit drosseln. Dies weckt Erwartungen. „Wir werden bei jedem Fall einzeln prüfen, ob Tempo 30 der Sicherheit dient, und ob die Regelung den Verkehrsfluss bremst“, dämpft Ordnungsbürgermeister Martin Schairer zu große Hoffnungen.

Im Dezember hat die Bundesregierung einige Änderungen der Straßenverkehrsordnung beschlossen. So können nun Städte und Landkreise leichter streckenbezogene Tempo-30-Zonen auf Bundes-, Landes- und Kreisstraßen sowie auf Vorfahrtsstraßen anordnen, wenn sie an Schulen, Kitas, Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen vorbeiführen. „Bisher mussten wir in Vorbehaltsstraßen nachweisen, dass es sich um einen Gefahrenpunkt handelt. Dies ist nicht mehr notwendig“, erklärt Schairer die Neuerung. Anwohner, Verantwortliche der Einrichtungen oder Eltern hätten sich bereits gemeldet. Auch in Untertürkheim war mehrfach ein Tempolimit in der Großglocknerstraße auf Höhe der Kita am Alten Friedhof gefordert worden.

Doch Schairer sowie Monika Dietmann von der Straßenverkehrsbehörde dämpfen die Erwartungen etwas. „Wir müssen zuerst abwarten, bis die genauen Verwaltungsvorschriften erlassen sind. Sie sind für März angekündigt“, sagt Dietmann. Ihre Behörde bereite sich im Vorfeld auf eine erhöhte Zahl an Anträgen vor. „Es wird keinen Automatismus geben, sondern jeder einzelne Fall werde geprüft. In der Gesamtabwägung spielen zusätzlich zur Sicherheit auch der homogene Verkehrsfluss und die Belange der Luftreinhaltung eine Rolle“, sagt Schairer. Der Spielraum sei durch die Neuerung größer geworden, aber die Prüfung aller Belange sei weiter vorgeschrieben, ergänzt Dietmann.

Steter Verkehrsfluss angestrebt

Sie weiß, was zu beachten ist. Vor drei Jahren wurde das Projekt Tempo 30 vor Schulen durchgeführt. Rund 40 Schulstandorte an Vorbehaltsstraßen wurden aufwendig geprüft. Letztendlich konnte vor 21 Schulen Tempo 30 eingerichtet werden. Die Asangstraße vor der Obertürkheimer Grundschule, die Hedelfinger Straße vor der Wilhelmsschule Wangen, aber auch die Wilhelmsstraße vor der Brunnenrealschule in Bad Cannstatt sind auch von Autofahrern gut angenommene Straßenabschnitte, in denen manchmal zusätzlich zum Tempo-30-Schild auch noch ein freundlich lächelndes oder rot erbostes Gesicht an die Geschwindigkeitsregelung erinnert. Weitere Schulen liegen in Nebenstraßen, in denen Tempo 30 gilt oder vor denen es keinen Sinn macht.

„Denn nicht jede Tempo-30-Zone sorgt auch für mehr Sicherheit“, warnt Schairer vor einem Trugschluss. Zudem dürfen weitere Belange nicht außer Acht gelassen werden. „Im Zuge des Luftreinhalteplans sind einige Bergstrecken in Stuttgart mit Tempo 40 ausgeschildert“, sagt Dietmann. Zunächst sei dies in der Innenstadt durchgeführt worden. Das Programm werde nun in den Vororten fortgesetzt. „Um die Verkehrsteilnehmer aber nicht mit wechselnden Tempolimitangaben und einem Schilderwald zu verwirren, sowie um den homogenen Verkehrsfluss nicht zu unterbrechen, könnte es sinnvoll sein, auf Tempo 30 zu verzichten und in einem Abschnitt durchgehend 40 Stundenkilometer vorzuschlagen“, nennt Dietmann ein Beispiel. Im Sinne der Luftreinhaltung müsse ein homogener Verkehrsfluss das Ziel der Planungen sein, so Schairer. Auch die Belange der Stuttgarter Straßenbahnen würden berücksichtigt.

Für die Erzieherinnen und die Eltern, deren Kinder die Kita in der Großglocknerstraße besuchen, wäre Tempo 40 insofern vielleicht als Kompromiss akzeptabel. Auch einige Bezirksbeiräte und Anwohner hatten dies nach dem Unfall in der Kappelbergstraße vorgeschlagen. „Vielleicht kommt es zu einem neuen Vorstoß“, meint Bezirksvorsteherin Dagmar Wenzel.