Ebrima Nyje hilft in der Autowerkstatt beim Radwechsel. Der Gambier hat in der Werkstatt ein Praktikum absolviert, ist nun befristet beschäftigt - auch um Kontakt zu Deutschen zu haben. Foto: Kuhn Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Ebrima Nyje ist in seinem Element. Der Flüchtling aus Gambia hilft seit einigen Wochen beim Radwechel im Autohaus Krautter. Aktive Integrationshilfe. Durch die befristete Beschäftigungsstelle lernt der 28-Jährige den Arbeitsalltag in Deutschland kennen, lernt im Umgang mit den Kollegen Deutsch und: „Es macht mehr Spaß, als im Flüchtlingsheim zu sitzen“, sagt Nyje.

Das Engagement von Nyje ist kaum zu bremsen. Obwohl im Autohaus seit Wochen die Räder beinahe im Akkord gewechselt werden müssen, macht ihm die Arbeit sichtbar Spaß. Mit Eifer, konzentriert, aber immer mit einem Lächeln wandert er von einem Rad zum nächsten, lockert die Radmuttern, schleppt Sommerreifen ins Lager. Wegen kriegerischen Auseinandersetzungen in seiner Heimatregion floh er auf dem Landweg aus Gambia nach Libyen. Alleine. Von dort setzte er in einem Boot übers Meer nach Italien über. „Die Verwandten musste ich in Gambia lassen“, sagt er. Über Italien kam er vor mehr als einem Jahr nach Deutschland und fand im Flüchtlingslager im Wangener Viehwasen eine neue Unterkunft.

Mit anderen Flüchtlingen aus Afrika teilt er sich einen Raum. Er ist mit der Wohnsituation zufrieden, ist nun aber „happy“, dass das Autohaus Krautter ihm die Chance gibt, in der Werkstatt zu arbeiten. „An Autos zu arbeiten, macht mehr Fun, als in der Unterkunft zu sitzen“, sagt er in noch gebrochenem Deutsch. Als Jugendlicher habe er in seinem Heimatdorf Autos repariert. Aber dort sei die Werkstatt anders, viel einfacher als hier gewesen, sagt Nyje.

Die Initiative zu dem Integrationsprojekt ging von Markus Krautter aus. „Ich habe vom Brückenpraktikum bei Daimler gelesen und gedacht, das müsste auch in einem mittelständischen Unternehmen wie unserem zu verwirklichen sein“, sagt der Inhaber des Autohauses. Seine Frau Martina und er knüpften Kontakte zu den Betreuern von Flüchtlingen. „Es waren einige Anrufe, klärende Gespräche und Formulare ausfüllen notwendig, aber im Sommer durfte Nyje zunächst ein Praktikum bei uns machen“, erzählt Martina Krautter. Von August bis Oktober half er in der Werkstatt mit, lernte Mitarbeiter und den Arbeitsalltag in einem gut organisierten deutschen Betrieb kennen. „Ebrima ist äußerst zuverlässig, benötigt aber jemand, der ihn manchmal anweist, was er machen soll“, sagt Martina Krautter. Nicht nur deswegen arbeitet der 28-Jährige immer mit einem Partner. Er soll nicht nur die richtigen Griffe beim Radwechsel, sondern auch die Kniffe der deutschen Sprache lernen. Englisch spricht er fast fließend. Aber seine Arbeitskollegen sind gehalten, sich Deutsch mit ihm zu unterhalten. „Er versteht uns immer besser und getraut sich, Deutsch zu sprechen“, sagt Kollege Steven Weber. Bis zum Ende der Radwechselsaison ist Nyje beschäftigt, bekommt Mindestlohn bezahlt. „Das Arbeitsverhältnis muss von der Ausländerbehörde und anderen Ämtern genehmigt werden“, sagt Murat Dirican von NIFA, dem Netzwerk für Integration von Flüchtlingen. Eigentlich könne jeder Flüchtling drei Monate, nachdem er in Deutschland eingereist ist, Arbeit annehmen. Es gestalte sich aber vor allem bei Ausbildungen manchmal schwer, alle Genehmigungen zusammen zu tragen. Die Bürokratie halte viele gutwillige Firmen ab, zu helfen. Umso erfreuter ist Dirican über Initiativen wie jene vom Autohaus Krautter. Wer Interesse habe, könne sich bei der NIFA, Heusteigstraße 34 in 70180 Stuttgart melden.