Genau 1000 Kinder sind ab dem Herbst an den Stuttgarter Realschulen angemeldet. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Alexander Müller

Die Anmeldezahlen an weiterführenden Schulen für das Jahr 2016 sind in Baden-Württemberg mit 84 017 Schülern leicht rückläufig. Klar zu erkennen: Immer weniger Viertklässler gehen auf die Werkrealschule - die frühere Hauptschule wird zum Auslaufmodell. Entgegen des landesweiten Trends gibt es in Stuttgart aber zum kommenden Schuljahr einen Zuwachs an Kindern. Klarer Gewinner sind die Realschulen.

Es ist eine der wichtigsten Entscheidungen der Eltern für ihre Kinder: An welcher weiterführenden Schule melde ich mein Kind nach der vierten Klasse an? Mit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung ist die Wahl schwerer denn je. Eine Aufgabe, der sich landesweit die Eltern von 84 017 Schülern stellen mussten - 1241 weniger als im Vorjahr. Den Rückgang in Baden-Württemberg begründet das Kultusministerium mit dem demografischen Wandel. „Das ist in Stuttgart aber nicht der Fall, vielmehr haben wir mit 3871 Kindern sogar einen leichten Zuwachs“, sagt Ulrike Brittinger, die Leiterin des staatlichen Schulamts.

Bereits seit der Jahrtausendwende sind die Schülerzahlen an den Werkreal- und Hauptschulen rückläufig. Auch für das im September beginnende Schuljahr wurden lediglich noch 5435 Kinder angemeldet, 849 weniger als im Vorjahr. Das entspricht nur noch 6,5 Prozent, vor zwei Jahren waren es noch 9,4 Prozent. Auch in Stuttgart ist dieser Trend klar erkennbar. Nur noch 163 Kinder wechseln im Herbst auf eine Werkrealschule, 2014 waren es noch 380. Das Schulamt hat auf diesen Trend reagiert. Bereits einige Werkrealschulen wurden geschlossen, andere wie die Steinenbergschule in Hedelfingen befinden sich im Umwandlungsprozess zu einer Gemeinschaftsschule. „Derzeit überprüfen wir das Konzept zur Anmeldung ab dem kommenden Schuljahr“, sagt Brittinger.

Zwar ist die Zahl der Anmeldungen an den Gemeinschaftsschulen der Stadt rückläufig - 416 anstatt 482 im Vorjahr -, das liege aber nicht an der fehlenden Nachfrage als vielmehr an der fehlenden Kapazität. „In vielen Einrichtungen fehlt noch der nötige Platz.“ Zudem habe die Unsicherheit im Vorfeld der Landtagswahlen ob der Zukunft der Schulart viele Eltern abgeschreckt. Mit dem klaren Bekenntnis der grün-schwarzen Koalition zur Gemeinschaftsschule geht Brittinger wieder von steigenden Schülerzahlen aus. Das ist auch im Land der Fall: Mit 13 505 Kindern und einem Anteil von 16,1 Prozent blieben die Zahlen konstant.

Das gilt auch für die Gymnasien in Baden-Württemberg. Gab es in den beiden Vorjahren erstmals einen leichten Rückgang, so sind die Anmeldezahlen mit 36 111 (2015: 36 369) fast identisch. Gleiches gilt auch für Stuttgart mit 2282 neuen Schülern ab Herbst (2015: 2311). Das Gymnasium bleibt im Land und Stuttgart damit weiter die beliebteste weiterführende Schule.

Hingegen deutliche Unterschiede zwischen Land und Stuttgart gibt es bei den Anmeldungen für die Realschule. In Baden-Württemberg liegt der Anteil mit 28 966 Kindern wie im Vorjahr bei 34,5 Prozent. In der Landeshauptstadt wurden mit exakt 1000 Schülern deutlich mehr Anmeldungen registriert - nämlich 174. „Es ist eine Anerkennung der guten Arbeit der Realschulen“, sagt Brittinger. Immer mehr Eltern würden ihr Kind dort am besten aufgehoben sehen. Zum einen, weil sie die Werkrealschulen meiden, zum anderen aber auch weil die Realschule neben dem Abschluss der Mittleren Reife „auch die Möglichkeit bietet, im Anschluss das Fach- oder Abitur noch nachzuholen.“ Die Weiterbildung der Schulart komme nun zum Tragen.

Auch in Zukunft schätzt Brittinger, dass die Schülerzahlen in Stuttgart steigen werden. Zum einen, weil die Landeshauptstadt nach wie vor wächst, zum anderen auch durch den Nachwuchs aus den zahlreichen Vorbereitungsklasssen für Flüchtlinge. Die Herausforderungen in den kommenden Jahren werden nicht kleiner, „die Stuttgarter Schulen sind insgesamt aber sehr gut aufgestellt“, ist Brittinger überzeugt.