Die Linden-Realschule, immerhin Eliteschule des Sports, wird kommissarisch geleitet. Für die Nachfolge des bisherigen Rektors Kurt Pilsner hat sich noch niemand beworben. Foto: Kuhn Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Eine freie Rektorenstelle? Früher hätten Kandidaten Schlange gestanden. Heute hält sich die Zahl der Bewerber in Grenzen. Auch für die Leitung der Linden-Realschule hat sich bislang niemand beworben. Kein Einzelfall, bestätigt Katja Lumpp vom Regierungspräsidium. Vor allem in Grund-, Haupt- und Förderschulen blieben Stellen länger vakant. Die Gründe, so Experten, sind vielschichtig. „Wir sind heute mehr Manager und Verwalter. Die pädagogische Arbeit rückt in den Hintergrund“, sagt Martin Klein, der Vorsitzende der Realschulrektorenkonferenz.

Bei der Verabschiedung des langjährigen Leiters der Linden-Realschule Kurt Pilsner deutete sich die Vakanz an. Die Stelle für die Nachfolge an der renommierten Schule - immerhin Eliteschule des Sports mit modernem Anbau inklusive neuer Mensa - war zwar ausgeschrieben. Doch es habe sich niemand beworben, bestätigt Ulrike Brittinger. Kein Grund unruhig zu werden für die erfahrene Chefin des Staatlichen Schulamts. „Die Untertürkheimer Realschule wird zurzeit kommissarisch durch Konrektorin Sabine Albrecht mit ihrem Team souverän und sehr gut geleitet.“

Das Schulamt werde noch einmal in aller Ruhe einen Suchlauf starten, aber auch mit dem bewährten Linden-Realschulteam sprechen. Sie habe die Hoffnung, dass die Nachfolge bald geregelt werde, so Brittinger. Sie kennt die Situationen. Für andere Schulen in Stuttgart konnte die Nachfolge zwar geregelt werden, aber teilweise seien auch nur zögerlich Bewerbungen - manchmal auch nur eine - eingegangen. Unter anderem in zwei Förderschulen - die Berger Schule und die Kreuzsteinschule - fehle ebenfalls noch die Leitung. Die Gründe scheinen vielschichtig. Sie seien von Schulart zu Schulart unterschiedlich, stellt Katja Lumpp vom Regierungspräsidium fest. „Wir haben insbesondere immer wieder Schwierigkeiten, kleine Grundschulen mit Schulleitungen zu besetzen.“ Doch selbst für große Stuttgarter Gymnasien fanden sich auf Anhieb nicht immer geeignete Bewerber.

Langjährige Pädagogen führen dies hauptsächlich auf den Wandel des Berufsbilds zurück. Sie hatten den Lehrerberuf gewählt, um die Jugendlichen etwas zu lehren, wollten Bildung vermitteln. „Als Leiter einer Schule bleibt einem dazu wenig Zeit“, sagt Klein. Schulrektoren seien mittlerweile multifunktionale Manager eines mittelständischen Unternehmens. Sie sind für die Mitarbeiter zuständig, führen Elterngespräche, fungieren oft als Bauleiter und vertreten die Einrichtung nach außen - für den Unterricht bleibe immer weniger Zeit, sagen einige Schulleiter fast gleichlautend. „Das Amt einer Schulleiterin oder eines Schulleiters gehört zu den verantwortlichsten, aber auch interessantesten Aufgaben an den Schulen, da es viele pädagogische und organisatorische Gestaltungsmöglichkeiten. Diese positiven Aspekte bedeuten aber auch, dass ein sehr großes Engagement erforderlich ist, um eine solche Aufgabe zu bewältigen,“ sagt Lumpp.

Der Wechsel in die Schulleitung muss wohl überlegt sein. Er bedeute eine deutliche Erweiterung des beruflichen Tätigkeitsfeldes, bei sehr großen Schulen kommt er einem „Berufswechsel“ gleich, so Lumpp. Die finanziellen Anreize für dieses größere Engagement scheinen zumindest im Falle der Realschulen überschaubar. „Etwa 600 Euro brutto mehr“, so Klein. Er verweist zudem darauf, dass die Realschullehrer sich kaum auf die künftigen Aufgaben eines Rektors vorbereitet könnten. Während in den Gymnasien oder beruflichen Schulen Abteilungsleiter gemeinsam mit dem Schulleiter viele organisatorische Aufgaben übernehmen und kennenlernen, gäbe es dies bei Realschulen nicht. Eine Aufgabenteilung in einen Verwaltungsmanager und einen pädagogischen Schulleiter, wie es sie andere europäische Staaten kennen, hält er nicht für zielführend.