Quelle: Unbekannt

Von Erdem Gökalp

Mit Beginn der Sommerzeit verlieren wir in der Nacht auf Sonntag eine Stunde Schlaf. Genau um 2 Uhr werden die Uhren in Deutschland und den meisten anderen europäischen Ländern um eine Stunde vorgestellt. Obwohl das jedes Jahr passiert, sorgt die Zeitumstellung immer wieder für große Debatten. Endlich ist es nun abends länger hell, freuen sich die einen, unnötig und gesundheitsschädlich sagen vor allem diejenigen, die zur Frühjahrsmüdigkeit neigen.

„Im Frühjahr stellt man die Gartenmöbel vor die Tür - im Herbst stellt man sie zurück in den Schuppen.“ Das ist nicht etwa der Werbe-Slogan eines Gartenmöbelanbieters, sondern die vielleicht beste Eselsbrücke zur Zeitumstellung. Die hätte Horst Seehofer sicher eine Peinlichkeit erspart. Der bayerische Ministerpräsident verschläft 2014 eine wichtige Telefonkonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, weil er seinen Wecker wegen der Sommerzeit nicht eine Stunde vorgestellt hatte. Erst als sein Telefon nicht aufhört zu klingeln, so der CSU-Chef, sei ihm schlagartig klar geworden: Er habe die Zeitumstellung verschlafen.

Ob Seehofer seitdem ein Kritiker der Zeitumstellung ist, ist nicht bekannt. Fest steht dagegen: Umfragen haben ergeben, dass Dreiviertel der deutschen Bevölkerung sie für einen uralten Zopf halten, der längst schon hätte abgeschnitten werden müssen. Auch aus der Gesundheitsbranche hagelt es Jahr für Jahr Kritik. Unlängst hat die Krankenkasse DAK-Gesundheit eine Studie veröffentlicht, nach der 27 Prozent der Befragten angaben, gesundheitlich unter der Zeitumstellung zu leiden.

Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Schlafstörungen gehören zu den häufigsten Beschwerden. Rund drei Millionen Menschen schlucken nach der DAK-Hochrechnung zufolge sogar Schlafmittel, um besser mit der Zeitumstellung klarzukommen. Rund drei Viertel der Befragten gab zudem an, sich schlapp oder müde zu fühlen. Auch eine Forsa-Umfrage im Auftrag der KKH unter 1000 Personen belegt dies. Demnach hat insgesamt jeder Dritte Probleme durch die Zeitumstellung: Frauen deutlich häufiger (39 Prozent) als Männer (23 Prozent). Fast jedem vierten Befragten fällt es schwerer, nach der Zeitumstellung morgens aufzustehen. Jeder Sechste sagt, dass er in Folge tagsüber gereizt oder müde sei. Und immerhin 13 Prozent haben abends Probleme einzuschlafen.

„Wer Probleme mit der Zeitumstellung hat, sollte am Sonnabend auf eine lange Partynacht verzichten und nicht zu spät ins Bett gehen“, sagt Thomas Schnell vom Serviceteam der KKH in Stuttgart. Außerdem hilft Tageslicht: „Die schweren Vorhänge sollten offen bleiben, Helligkeit ist ein natürlicher Wachmacher“, so Schnell. Umgekehrt hilft es, am Abend auf helles Licht und Bildschirmarbeit zu verzichten. Auch sollte nicht zu viel geschlafen werden. Insbesondere diejenigen, die unter Frühjahrsmüdigkeit leiden, können die Symptome durch zu viel Schlaf verstärken.

Doch was verstehen Experten unter Frühjahrsmüdigkeit? Wenn die Tage wieder länger werden und die Temperaturen steigen, kommt unser Körper zunächst nur langsam in Schwung, da sich die innere Uhr erst umstellen muss. Die Ursache ist noch nicht ganz geklärt. Fest steht aber, dass die beiden körpereigenen Hormone Serotonin und Melatonin an Beschwerden wie Schwindel, Kreislaufprobleme oder Müdigkeit beteiligt sind.

Serotonin ist für die Aktivierung des Körpers und für gute Stimmung zuständig. Das Hormon wird unter Lichteinfluss produziert. Die Lichtreize gelangen in den Hypothalamus, eine Hormondrüse im Gehirn, welche die Serotoninproduktion steuert. Je mehr und je länger unser Körper natürlichem Licht ausgesetzt ist, desto mehr Serotonin kann er herstellen. Die vermehrte Sonneneinstrahlung im Frühling kurbelt also unsere Serotoninproduktion an.

Mit der Steigerung von Serotonin wird gleichzeitig die Produktion von Melatonin gedrosselt. Das sogenannte Schlafhormon sorgt dafür, dass wir in der Nacht erholsam schlafen können. Die Bildung beider Hormone im Körper wird also maßgeblich über die Lichtmenge gesteuert: Im Winter, wenn es draußen früh dunkel wird, heißt demnach die Botschaft an den Körper eher „Winterschlaf“, während das Frühjahrslicht „Aufwachen“ signalisiert.

Daher empfiehlt es sich auch als Mittel gegen die Frühjahrsmüdigkeit, viel Tageslicht zu tanken. Sich zu schonen, ist kontraproduktiv. Denn auch der Vitamin D-Haushalt im Körper wird durch die Sonneneinstrahlung angeregt. Und das trägt erheblich zum Stimmungsbild beim Menschen bei. Viel Sport und Bewegung sind der Schlüssel, um die Frühjahrszeit gesund und munter zu überstehen. Damit der Körper sich an die wechselnden Temperaturen gewöhnt, sollte man sich daher viel im Freien aufhalten. Was ebenfalls förderlich sein kann, ist den Kreislauf durch kaltes Duschen anzuregen. Und für wen das nichts ist, der kann Arme und Beine mit kaltem Wasser beträufeln. Auch Saunagänge sind von Vorteil. Außerdem ist eine leichte Ernährung gut, um nicht zu viel Energie durch die Verdauung zu verbauchen. Fettreiche Kost beispielsweise kann die Müdigkeit verstärken.

fakten zur zeitumstellung

Dass die Zeitumstellung auf die Sommerzeit jährlich auf den gleichen Tag fällt, verdanken wir einer Verordnung der Bundesregierung aus dem Jahr 2001. Laut dieser Verordnung wurde ab dem Jahr 2002 die mitteleuropäische Sommerzeit auf unbestimmte Zeit eingeführt. Grundlage der Verordnung ist das sogenannte Zeitgesetz vom 25. Juli 1978. Begründet wird die Zeitumstellung mit der „besseren Ausnutzung der Tageshelligkeit und zur Angleichung der Zeitzählung an diejenigen benachbarter Staaten“. Zudem wurde mit dieser Verordnung eine Richtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 2001 umgesetzt.

Hinter der Zeitumstellung auf die Sommerzeit steckt die Überzeugung, die Menschen würden weniger Energie verbrauchen. Benjamin Franklin, Erfinder und einer der Gründerväter der USA, erwähnte eine Zeitumstellung erstmalig 1784 in einem Brief. Franklin kritisierte auf humorvolle Weise den hohen Verbrauch an Kerzen und schlug vor, die Menschen bei Sonnenaufgang zu wecken, um das Sonnenlicht besser auszunutzen.

In Deutschland wurde die Sommerzeit erstmals 1916 eingeführt, zwei Jahre später aber wieder abgeschafft. Und während der Nazizeit wurde die Sommerzeit sogar über fast zwei Jahre hinweg gar nicht mehr auf Normalzeit zurückgestellt - zwischen April 1940 und November 1942 blieb die Sommerzeit erhalten. Nach Kriegsende wurde die Sommerzeit 1949 dann zunächst ganz abgeschafft. Erst nach der Ölkrise in den 1970er Jahren, die vielen Menschen die Begrenztheit unserer Ressourcen erstmals vor Augen führte, entschloss sich die Bundesrepublik 1980 zur Wiedereinführung der Zeitumstellung.

Die Theorie von der Energieersparnis durch die Zeitumstellung auf die Sommerzeit hat sich mittlerweile als ein frommer Wunsch herausgestellt. Tatsächlich weist das Umweltbundesamt in einer Mitteilung darauf hin, dass die Umstellung auf die Sommerzeit keinen Beitrag zum Energiesparen leistet. So würde während der Sommerzeit in den deutschen Haushalten zwar das Licht später am Abend eingeschaltet - dafür wird aber im Frühjahr und Herbst in den Morgenstunden mehr geheizt. Die Einsparungen werden sprichwörtlich verheizt.

Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft kritisiert die angebliche Energieersparnis durch die Umstellung auf die Sommerzeit: „Die deutsche Energiewirtschaft kann seit Jahren keine Sparwirkung durch den Dreh am Zeiger erkennen“, heißt es in einer Pressemitteilung des Verbandes. Stattdessen würde durch abendliche Freizeitaktivitäten sogar mehr Strom benötigt.