Zement wird in die Erde gepresst Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Keine Fußballspieler, sondern Bauarbeiter, Bagger und Bohrer verteilen sich seit Januar übers Spielfeld der SG Untertürkheim. Eine spezielle Zementmischung wird in den Boden gespritzt, die die Hohlräume über der künftigen Stuttgart-21-Tunnelröhre verfüllen soll. Erste Versuche waren laut Bahnprojektsprecher erfolgreich. Die SGU-Sportplätze sollen bis Juni wieder bespielbar sein. Zeitgleich wird die zweite Röhre vorangetrieben. Ein Gericht lehnte den Antrag auf Sprengverbot nach 22 Uhr ab.

Der einstige SGU-Kunstrasenplatz im Bruckwiesenweg ähnelt zurzeit eher einem Bohrfeld. Die Kunstrasenschicht ist abgetragen. In gleichmäßigen Abständen ragen blaue Plastikschläuche aus dem braun-schwarzen Boden. Im Sommer trieben Bauarbeiter die Stuttgart-21-Tunnelröhre 62 unterm Lindenschulviertel in Richtung Hafenbahnstraße voran. Am 3. September sprengten sie in 18 Metern Tiefe unter dem SGU-Platz, als plötzlich große Mengen Grundwasser in die Röhre drangen. Die Tunnelbauer waren auf einen mit Wasser gefüllten Hohlraum gestoßen. Die Arbeiten wurden unverzüglich eingestellt und der Hohlraum verschlossen. Seitdem ruhen die unterirdischen Arbeiten in dieser Röhre. Die Tunnelspezialisten wollen nun zunächst das nach der Neckarverlegung 1923 aufgeschüttete Erdreich von oben. „Im Bereich der Sportplätze wird ein flächiges Schott aus Zementsuspension oberhalb der geplanten Tunnelröhren eingebracht. Dies geschieht in einer vor Ort von tunnelbautechnischen Sachverständigen festgelegten Reihenfolge“, erklärt der Pressesprecher der DB Projekt-Gesellschaft.

Über das einstige Spielfeld sind in regelmäßigen Abständen blaue Einfüllstutzen verteilt, die aus dem Untergrund ragen. „Der neue 21-Loch-Golfplatz“, verkündete ein Banner von Robin Wood-Aktivisten am Wochenende ironisch. Die drei großen Silos am Rand des Spielfelds würden aber Golfer stören. Mit ihrem Inhalt wird die spezielle Suspension zusammengestellt, die über die Einfüllstutzen in den Untergrund gepresst wird.

Trotz Frost im Zeitplan

„Zu Beginn der Bohrungen musste zunächst die ideale Mischung für die Zementsuspension herausgefunden werden. Dazu diente ein Testfeld im Bereich der Tennisplätze“, erklärt der Projekt-Pressesprecher. Den ersten Erkenntnissen nach seien die Maßnahmen erfolgreich. Die Arbeiten liegen trotz Frost im Zeitplan. Die Bahnexperten gehen davon aus, dass die SGU ihre Sportanlage - samt neuen Kunstrasenplatz - im Juni wieder nutzen kann.

Erst dann kann der Vortrieb in dieser Röhre wieder aufgenommen werden. Die Arbeit geht den Mineuren, die vom Wangener Zwischenangriff aus arbeiten, dennoch nicht aus. Die beiden Röhren, die von der Ulmer Straße in Richtung Hauptbahnhof führen, werden zügig vorangetrieben. Noch im Frühjahr wird in der Röhre 62 der erste Durchbruch erfolgen. Die Mineure, die vom neuen Hauptbahnhof aus graben, und die Kollegen, die sich von Wangen aus vorarbeiten, werden sich treffen.

In Richtung Obertürkheim wird zurzeit die Röhre 61 vorangetrieben. Der Tunnelbau befindet sich derzeit im Bereich der Inselstraße. Seit 9. Januar dürfen die Bergleute auch von 22 bis 24 Uhr sprengen - testweise bisher. Damit soll die Emissionsbelastung der Bürger verringert werden, da dadurch auf den Einsatz von Meißel verzichtet werden kann. Die dauernden Mahlgeräusche durch die Meißel wurden von Anwohnern als sehr störend empfunden. „Die uns bislang bekannten Rückmeldungen zu den Sprengarbeiten nach 22 Uhr sind ausschließlich positiv“, sagt der Projektsprecher. Auch den Antrag einer einzelnen, vom Tunnelvortrieb dieser Röhre bisher nicht betroffenen Bürgerin, auf Untersagung der Ausweitung der Sprenggenehmigung bis 24 Uhr hat das Verwaltungsgericht Stuttgart vergangene Woche abgewiesen. Die Sondergenehmigung, bis 24 Uhr zu sprengen, laufe zwar am 9. Februar aus. „Wir streben danach im Sinne der weit überwiegenden Mehrheit der Anwohner aber die Verlängerung der Genehmigung über die Testphase hinaus an“, sagt der Bahnsprecher.