Der Bahnhof Obertürkheim wurde von einem Privatinvestor gekauft. Foto: Müller Quelle: Unbekannt

Von Alexander Müller

Nach Jahre langem Stillstand ist der Obertürkheimer Bahnhof nun verkauft. Ein Privatinvestor hat das ortsbildprägende Gebäude gekauft. Die Stadt konnte laut eigener Aussage kein Vorkaufsrecht geltend machen, da der neue Besitzer eine Unterlassungserklärung unterzeichnet hat. Diese verbietet Spielsalons, Wettbüros oder Rotlicht-Milieu. Dennoch befürchtet der Bezirksbeirat eine negative Entwicklung. Die Lokalpolitiker fühlen sich übergangen und sehen die Stadt bei der Kontrolle in der Pflicht.

Eigentlich wollte Bezirksvorsteher Peter Beier in der Sitzung des Bezirksbeirats am Mittwochabend lediglich verkünden, dass der neue Eigentümer des Bahnhofs die angebotene Unterlassungserklärung unterzeichnet hat. Generell würde sich an der jetzigen Nutzung mit sechs Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss und 21 Ein-Zimmer-Appartements auf insgesamt 1800 Quadratmeter Fläche nichts ändern. Doch dann kochten die Gemüter hoch. Zwar ist mit der Erklärung geregelt, dass sowohl Spielhallen, Wettbüros und Rotlicht-Etablissements verboten sind. Zudem gilt für den Ortskern generell ein vom Gemeinderat beschlossener Bebauungsplan, der ebenfalls weitere Spielhallen ausschließt, wie Beier berichtete. Daher sah sich die Stadtverwaltung außer Stande, ein Vorkaufsrecht zu nutzen, da durch den Verkauf kein öffentliches Interesse bestehe (wir berichteten).

Genau das sehen die Lokalpolitiker anders. „Seit Jahren blicken wir nach Untertürkheim, wo der Bahnhof alles andere als ein gelungenes Entrée darstellt und deshalb sogar ein Masterplan ins Leben gerufen wurde, um den Abwärtstrend im Ortskern aufzuhalten“, ereiferte sich Eckart Jäger (SPD). Deshalb habe man immer mit Argusaugen darauf geschaut, dass sich ein derartiges Szenario nicht auch in Obertürkheim wiederhole. „Doch genau das ist nun geschehen“, betonte der Jurist. Denn der Verdacht liege nahe, dass der neue Besitzer weitere solche Etablissements einrichten wolle - schließlich handelt es sich um einen Spielhallenbetreiber. „Warum sonst sollte er von sich aus den Vorschlag einer Unterlassungserklärung anbieten?“ Die Vorgehensweise der Stadt sei zwar rechtlich fundiert, aber das Grundproblem nicht gelöst, „denn bei einem erneuten Verkauf stellt sich die gleiche Frage nach einer anderen Nutzung wieder“.

Grundsätzlich fürchten die Bezirksbeiräte, um eine negative Entwicklung des Ortskerns. Die Aussage der Stadtverwaltung, dass kein öffentliches Interesse bestehe, halten die Lokalpolitiker schlichtweg für falsch. Schließlich habe man am Beispiel Untertürkheim gesehen, welche Bedeutung das ortsbildprägende Gebäude habe. „Wir haben Angst, dass nun im Bahnhof ein Gewerbe einzieht, dass wir an dieser Stelle nicht haben wollen“, stellte Christoph Hofrichter (SÖS-Linke-Plus) in Aussicht. Bereits jetzt hätten einige Bürger abends oder in der Nacht kein gutes Sicherheitsgefühl mehr rund um das historische Gebäude aus dem Jahr 1922.

Aus diesem Grund hatte sich der Bezirksbeirat in geheimer Sitzung, wie nun mehrfach betont wurde, einstimmig für den Kauf des denkmalgeschützten Bahnhofes durch die Stadt ausgesprochen. „Aber darauf nimmt die Stadt anscheinend keinerlei Rücksicht“, ärgert sich Hans Vogt (Grüne). Das zeige deutlich, dass anscheinend keine Wertschätzung für das Gremium im Stuttgarter Rathaus vorhanden sei.

Der Bezirksbeirat sieht nun die Stadt in der Pflicht, auf die Einhaltung der Unterlassungserklärung zu achten. „Mit dem Kaufverzicht hat sie nun die Verantwortung übernommen“, fordert Michael Jantzer (SPD). Denn alle Versprechungen seien nichts wert, wenn sie nicht auch kontrolliert werden würden. Deshalb fordert der Bezirksbeirat einstimmig von der Stadtverwaltung regelmäßige Kontrollen durchzuführen und unterstrichen noch einmal ihr Bedauern über die Entscheidung, den Bahnhof nicht zu kaufen: „Es wäre zum Wohl von Obertürkheim gewesen.“