Ab Mitte des Jahres gibt es auf dem Friedhof in Hedelfingen auch Rasengräber. Foto: Müller Quelle: Unbekannt

Von Alexander Müller

Inzwischen 70 Prozent aller Trauerfeiern in der Landeshauptstadt sind Feuerbestattungen, Tendenz steigend. Gefragt sind vor allem pflegeleichte Gräber. Die Stadt reagiert nun auf den tief greifenden Wandel in der Friedhofs- und Bestattungskultur. Bis Ende des Jahres sollen auf 27 der 41 Stuttgarter Friedhöfe alternative Bestattungsformen wie Rasen-, Baum- und Gräber in Gemeinschaftsanlagen angeboten werden. Weitere Urnenwände lehnt die Verwaltung jedoch ab.

Nicht nur für Hedelfingen, Wangen oder auch Rotenberg wird immer wieder der Ruf nach einer Urnenwand laut, sondern auch in zahlreichen weiteren Stadtbezirken in Stuttgart. „Wir wollen aber die über viele Jahrzehnte gewachsene Tradition der ‚grünen Friedhöfe‘ nicht zubetonieren“, betonte Harald Aust, der Bereichsleiter Friedhöfe und Bestattungen beim Garten-, Friedhof- und Forstamt in der Sitzung des Bezirksbeirats Hedelfingen. Oftmals mit großem Baumbestand und Rasenflächen versehen, sind sie mit einer Gesamtfläche von 207 Hektar ein nicht zu unterschätzender Bestandteil der „grünen Lunge“ der Landeshauptstadt. Deshalb hat sich der Gemeinderat nicht nur für das Prinzip der wohnortnahen Bestattung, sondern auch der grünen Friedhöfe ausgesprochen. Dennoch reagiert die Stadt nun auf die Veränderungen der Friedhofskultur.

Bis Ende dieses Jahres werden auf 27 der insgesamt 41 Stuttgarter Friedhöfe alternative Bestattungsformen angeboten. Hintergrund ist der tief greifende Wandel in der Friedhofskultur. Anstatt der früher üblichen Erdgräber steigt die Nachfrage nach pflegearmen oder gar pflegefreien Bestattungsformen. Das hat zur Folge, dass von den 160 000 Gräbern derzeit nur 120 000 belegt sind.

Bereits seit 2005 hat die Stadtverwaltung auf diese Entwicklung reagiert. Eine Urnenwand gibt es bislang lediglich auf dem Pragfriedhof, das wird auch weiter so bleiben. Allerdings gibt es auf 13 weiteren Friedhöfen inzwischen alternative Bestattungsformen wie Gemeinschaftsanlagen, Baumgräber (unter anderem in Untertürkheim oder dem Hauptfriedhof Steinhaldenfeld) oder Rasengräber (unter anderem Hauptfriedhof und Wangen). Das Angebot wird sehr gut angenommen. „Inzwischen sind knapp 2500 alternative Grabflächen belegt. Und das innerhalb eines bislang sehr eingeschränkten Bereichs“, geht Aust von einer deutlichen Steigerung aus. Denn mit dem neuen Programm wird das Angebot nun noch einmal deutlich ausgeweitet.

Keine weiteren Urnenwände

Auf fünf Friedhöfen sollen weitere Baumgräber entstehen. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten sie dies in den Neckarvororten bislang aber nicht geplant. „Allerdings können wir uns das aufgrund der durch den Ausbau vorhandenen Fläche in Hedelfingen in Zukunft durchaus auch vorstellen“, sagte Aust auf Nachfrage von Mario Graunke (CDU). Gleich 22 Friedhöfe verfügen bis Ende des Jahres über neue Rasengrababteilungen. Bereits realisiert wurden diese im vergangenen Monat unter anderem in Rohracker, Uhlbach und Gablenberg. Ab Mitte des Jahres erfolgt die Umsetzung auch in Hedelfingen, Mühlhausen, Münster, Untertürkheim und Gaisburg. Sogenannte Gemeinschaftsanlagen, bei denen die Gestaltung und auch die Bepflanzung im Vorfeld fest vorgegeben sind, sollen an neun Standorte realisiert werden - unter anderem in Untertürkheim. „Im Anschluss werden wird in den kommenden zwei bis drei Jahren auch die restlichen 14 Friedhöfe überprüfen, ob auch dort alternative Bestattungsformen realisierbar sind“, verspricht Aust.

Grundsätzlich auf großen Zuspruch stießen die Pläne des Friedhofsamtes bei den Bezirksbeiräten. Teilweise harsche Kritik regte sich allerdings, dass bislang keine Rasengräber für Sargbestattungen vorgesehen sind. Das Problem: „Der Untergrund in Stuttgart gibt immer wieder nach, das führt zu Verwerfungen und Absackungen“, erklärte Aust. Die Folge wären immer braune „Dreckflecken“, die auch sehr arbeitsintensiv wären, um auch eine Wegesicherheit zu gewährleisten. Schließlich sind die Rasenflächen auch begehbar. „Deshalb wollen wir vorerst auf diese Form verzichten.“