Foto: Bulgrin - Symbolbild Bulgrin

Von Hermann Neu

Stuttgart - 28 Prozent der Landesbewohner, das entspricht drei Millionen Menschen, haben einen Migrationshintergrund. Das bleibt nicht ohne Wirkung auf die Bildungschancen. Laut dem Landesinstitut für Schulentwicklung und dem Statistischen Landesamt sind die Unterschiede zwischen einheimischer und zugewanderter Bevölkerung bei der Beteiligung an Bildung wie auch beim Bildungserfolg über die Jahre kleiner geworden.

Prägend für den Bildungserfolg quer durch alle Bevölkerungsgruppen bleibt allerdings der sozioökonomische Hintergrund. Egal ob Deutsche oder Ausländer: Kinder aus ärmeren und bildungsfernen Familien haben es generell schwerer, etwa das Abitur oder einen Hochschulabschluss zu erreichen, erklärte der Direktor des Landesinstituts für Schulentwicklung, Günter Klein, gestern bei der Vorstellung einer Expertise in Stuttgart. Der 300-seitige Themenband „Migration und Bildung“ als Teil der Bildungsberichterstattung ist laut seinen Angaben erstmals in so detaillierter Form erstellt worden.

Kleins Angaben zufolge hat es bei der Angleichung des Bildungsniveaus in den Jahren von 2005 bis 2015 eine positive Entwicklung gegeben, auch wenn Unterschiede bleiben. 2005 schafften 7,0 Prozent der ausländischen Absolventen die Hochschulreife, 2015 waren es 13,0 Prozent. Die Vergleichszahlen für Deutsche betragen 35,9 und 48,7 Prozent. Bei der Fachhochschulreife betragen die Quoten 5,2 Prozent für Ausländer und 12,3 für Deutsche im Jahr 2005, zehn Jahre später waren es 10,5 Prozent für Migranten und 16,3 Prozent für die Einheimischen.

Den Mittleren Schulabschluss schafften 2005 noch 33,2 Prozent der Migranten und 51,3 Prozent der Deutschen, 2015 waren hatten beide Gruppen mit 58,3 Prozent der Migranten und 57,9 Prozent der Deutschen gleichgezogen.

Die Präsidentin des Statistischen Landesamts, Carmina Brenner, sieht Migranten als großes Bildungspotenzial und großes ökonomisches Potenzial. Angesichts der teilweise geringen Vorbildung etwa von Flüchtlingen seien jedoch große Investitionen nötig.

Die Statistik belegt die nach wie vor gravierenden Unterschiede: Elf Prozent der Schüler aus einem Haushalt mit Migrationshintergrund - also wenn mindestens ein Elternteil aus dem Ausland stammt - wechselten zum Schuljahr 2015/16 nach der Grundschule auf eine Haupt- oder Werkrealschule. Bei Schülern ohne Migrationshintergrund waren es nur sechs Prozent. Sechs Prozent der Migranten schafften keinen allgemein bildenden Schulabschluss, bei Einheimischen beträgt die Quote weniger als ein Prozent. An Gymnasien wechselten 34 Prozent der Migranten, ohne Migrationsgeschichte in der Familie waren es 46 Prozent. Geringere Unterschiede gibt es beim Übergang auf Realschulen und Gemeinschaftsschulen.

Migrantinnen und Migranten mit deutschem Pass nehmen bei den schulischen wie bei den beruflichen Abschlüssen eine Position zwischen den Deutschen ohne Migrationshintergrund und den Ausländern ein. Der Anteil der Migrantinnen und Migranten mit Hochschulabschluss war mit 23 Prozent gegenüber 31 Prozent wesentlich geringer. Umgekehrt fiel die Quote der Migranten ohne berufliche Qualifikation mit 26 Prozent wesentlich höher aus als bei den Einheimischen mit nur sechs Prozent.

Auffallend ist, dass bei in Deutschland geborenen Personen mit Migrationshintergrund der Anteil der Hochschulabschlüsse mit zwölf Prozent deutlich niedriger ist als bei den Migrantinnen und Migranten insgesamt. Menschen mit eigener Migrationserfahrung kommen mit einer Quote des Hochschulabschlusses von 31 Prozent auf das gleiche Niveau wie Deutsche ohne Migrationsgeschichte.

Massive Unterschiede gibt es unter den einzelnen Nationalitäten: Schüler mit türkischem Pass etwa sind in den Gymnasien zu 90 Prozent der Zahl vertreten, die ihrem Bevölkerungsanteil rechnerisch entspricht. Bei Italienern, Rumänen, Serben und Portugiesen beträgt die Quote 70 Prozent, bei Kosovaren 50 Prozent, abgeschlagen sind Schüler aus Syrien, die nur auf 30 Prozent kommen. Griechen sind entsprechend ihres Bevölkerungsanteils in den Gymnasien repräsentiert, Kroaten liegen mit 120 Prozent über dem Schnitt, ebenso wie Schüler aus der russischen Föderation, die auf 180 Prozent des Durchschnittswerts kommen.