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Stuttgart (lsw) - Erneut bescheinigt eine Studie Baden-Württemberg Nachholbedarf bei der Ganztagsschule. Nach dem „Bildungsmonitor 2016“ sieht auch die Bertelsmann Stiftung in ihrer jüngsten Untersuchung den Südwesten unter den bundesweiten Schlusslichtern.

Jeder fünfte Schüler (21,4 Prozent) in der Primar- und Sekundarstufe öffentlicher und privater Schulen besuchte 2014/15 eine Ganztagsschule. Nur in Bayern war der Anteil von Schülern im Ganztagsbetrieb mit 15 Prozent geringer als im Südwesten. Der Bundesschnitt betrug laut der Studie 37,7 Prozent. Spitzenreiter ist Hamburg mit 88,3 Prozent. Auch Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will den Ausbau der Ganztagsangebote vorantreiben. Sie plant dazu am 24. November und im kommenden Frühjahr ein Treffen mit kommunalen Schulträgern, Lehrern, Eltern und Direktoren. Bezogen auf die Zahl der Schulen in privater und öffentlicher Trägerschaft wies Baden-Württemberg einen Ganztags-Anteil von 35,8 Prozent auf und liegt damit am unteren Ende des Rankings. Dagegen weist Sachsen einen Wert von 97,4 Prozent aus.

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass Ganztagsschulen bei Eltern, deren Kinder diese Angebote nutzen, sehr beliebt sind. 30 Prozent der Eltern von Halbtagschülern sagen demnach, dass sie ihr Kind auf eine Ganztagsschule schicken würden, wenn sie jetzt noch einmal entscheiden könnten. 66 Prozent aller befragten Eltern von Ganztagschülern bewerteten die Angebote zur individuellen Förderung positiv, aber nur 54 Prozent der Eltern von Halbtagsschülern. Das Angebot reicht jedoch nicht aus: 32 Prozent der Eltern von Kindern an Halbtagsschulen geben an, dass es in ihrer Nähe keine Ganztagsschule gibt. „Ganztagsschulen sind der beste Rahmen für die individuelle Förderung der Schüler - vorausgesetzt, die Qualität stimmt“, resümiert Stiftungsvorstand Jörg Dräger. Er fordert einen Rechtsanspruch auf einen Platz an einer Ganztagsschule.

Auch wenn die Eltern an Ganztagsschulen generell zufriedener sind, nicht alles läuft hier rund. Die Top drei der Elternwünsche lauten: mehr Angebote für die individuelle Förderung (49 Prozent), bessere Personalausstattung (47) und einen besseren Informationsfluss zwischen Schule und Eltern (46). Der größte Unterschied zeigt sich bei der Frage, ob Lehrer mit unterschiedlichen sprachlichen Voraussetzungen der Schüler umgehen können. An den Ganztagsschulen bejahten dies 63 Prozent, bei den anderen nur 49 Prozent. Die fachliche Kompetenz der Lehrer loben 84 Prozent der Eltern, unabhängig von der Schulform.

Ausbauzahlen unterschiedlich

In Deutschland wird seit Jahren das Angebot Ganztagsschulen ausgebaut. Bei der offenen Variante besuchen einzelne Kinder Angebote am Nachmittag, bei der gebundenen Form lernen Kinder im Klassenverband den ganzen Tag über. Im Schuljahr 2014/2015 waren bundesweit 59,5 Prozent der Schulen den ganzen Tag geöffnet. Ein Jahr zuvor waren es noch 57,9 Prozent. Allerdings sind die Ausbauzahlen unterschiedlich, sie reichen von 35,8 Prozent in Baden-Württemberg bis 97,4 Prozent in Sachsen. Bundesweit hatten 2013/2014 35,8 Prozent der Schüler einen Ganztagsplatz, ein Jahr später waren es 37,7 Prozent.