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Stuttgart (lsw) - Der Landtag hat es beschlossen: Künftig können Abgeordnete im Alter wieder lukrative staatliche Pensionen bekommen. Doch in der SPD regt sich Kritik - obwohl die eigene Fraktion für die Neuregelung ist.

SPD-Landeschefin Leni Breymaier sagte in einer Erklärung des Parteipräsidiums: „Die jetzigen Änderungen überraschen schon. Ich hätte das so nicht gemacht.“ Ein Parteisprecher in Stuttgart bestätigte gestern gleichlautende Medienberichte. Mit den Stimmen von Grünen, CDU und SPD hatte der Landtag am Freitag die Neuregelung beschlossen, nach der die Abgeordneten künftig wieder die Möglichkeit haben, im Alter eine staatliche Pension zu bekommen - anstelle der bislang vorgesehenen privaten Altersvorsorge. Verbände kritisieren die Neuregelung massiv. So spricht der Steuerzahlerbund von einer „Luxus-Altersversorgung“. FDP und AfD hatten gegen die Neuregelung votiert.

Breymaier sagte, das langfristige Ziel der SPD bleibe eine Erwerbstätigenversicherung. „In diese gesetzliche, umlagefinanzierte Altersversorgung bezahlen alle unabhängig vom Status ein: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Beamtinnen und Beamte, Selbstständige, freiberuflich Schaffende, Abgeordnete.“ Breymaier will das Thema Renten auch im Bundestagswahlkampf hochziehen. Sie plädierte dafür, dass Bund und Länder eine Expertenkommission einsetzen, die unterschiedliche Systeme der Altersvorsorge untersucht.

Der Landtag hatte die Rückkehroption zur staatlichen Pension für die Abgeordneten im Eilverfahren beschlossen - wohl in der Hoffnung, dass die öffentliche Diskussion über das heikle Thema schnell wieder abebbt. Allerdings könnten die Bürger das Parlament zwingen, die neuen Regelungen zu überdenken. Das Instrument dazu wäre ein sogenannter Volksantrag, eine erst seit 2016 bestehende Möglichkeit der Beteiligung. Danach muss sich das Parlament mit einem von den Bürgern aufgegriffenen Thema befassen, wenn 0,5 Prozent der Wahlberechtigten dies verlangen. Nötig wären folglich knapp 40 000 Unterstützer. Der Bund der Steuerzahler kündigte laut „Stuttgarter Zeitung“ bereits an, man prüfe „derzeit die Möglichkeit, einen Volksantrag zu initiieren“. Auch der Verein Mehr Demokratie, der mehr Mitspracherechte maßgeblich mit erstritten hatte, zeigte Sympathie für einen Volksantrag. Das Instrument sei geschaffen worden, „um der Bevölkerung wichtige Themen ins Parlament zu tragen“, sagte Landesgeschäftsführerin Sarah Händel.

Der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim äußerte im Südwestrundfunk scharfe Kritik an den Neuregelungen für die Altersversorgung der Abgeordneten. Er erinnerte daran, dass die Bürger um ihre eigene Rente bangen müssten. Das Gesetzgebungsverfahren sei zudem ein „Schnellschuss“ gewesen. Wenn das Thema über einen Volksantrag noch einmal ins Parlament komme, könne es sein, dass die Grünen, die immer gegen solche Privilegien waren, doch noch Abstand von dem Gesetz nähmen, meinte von Arnim. Der entstandene Schaden in der Öffentlichkeit sei jedenfalls „sehr groß“. Er könne sich nicht vorstellen, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) seine Fraktion nicht dazu bringe, von dem Gesetz Abstand zu nehmen.