Ein Mitarbeiter des LKA bei der Recherche im Internet. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Stuttgart (lsw) - Vorübergehende Schließungen von Klinikabteilungen wegen Personalengpässen sind laut Auskunft der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) keine Seltenheit mehr.

„Das waren früher die Superausnahmen, aber das nimmt in letzter Zeit zu“, sagte BWKG-Geschäftsführer Matthias Einwag gestern in Stuttgart. Der Verband nannte als Beispiel die Geburtshilfe im Klinikum Mittelbaden in Bühl, die kürzlich vier Wochen lang habe schließen müssen. In Nagold habe die Geburtshilfe 2013 aus demselben Grund ganz dicht gemacht. Patienten klagten über zu wenig Zuwendung.

Der neue Sozialminister Manne Lucha (Grüne) kritisierte diese Entwicklung. Er forderte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) auf, die im Krankenhausstrukturgesetz beschlossenen Verbesserungen bei der Betriebskostenfinanzierung der Kliniken zügig umzusetzen. „Obwohl die Krankenhäuser in Baden-Württemberg im Ländervergleich sehr wirtschaftlich arbeiten und die Kosten je Einwohner weit unter dem Bundesdurchschnitt liegen, reicht die bisherige Betriebskostenfinanzierung durch den Bund hinten und vorne nicht.“ Er werde die Auswirkungen des Gesetzes auf die Krankenhauslandschaft genau verfolgen.

Arbeitsverdichtung für Pflegekräfte

BWKG-Vorstandschef Detlef Piepenburg berichtete von Überlastungsanzeichen und Fehlzeiten bei Pflegekräften durch Arbeitsverdichtung. Die finanzielle Lage der Kliniken sei so schlecht, dass die wenigsten vom Pflegestellen-Förderprogramm des Bundes profitieren könnten. Bedingung dafür ist eine Eigenbeteiligung der Kliniken von zehn Prozent. Derzeit finden es laut aktueller BWKG-Umfrage nur 14 Prozent der Kliniken „einfach oder eher einfach“, freie Pflegestellen zu besetzen.

Laut BWKG-Angaben erwirtschaften zwei von drei Krankenhäusern im Südwesten derzeit keinen Gewinn. Insgesamt habe sich die Situation aber leicht entspannt. Laut Umfrage schreiben 42,8 Prozent der Kliniken rote Zahlen, 21,7 Prozent eine schwarze Null. Nur ein Drittel verdient Geld. Im November 2015 meldeten 48,4 Prozent der Kliniken noch Verluste.

Für den Verband mit 210 Mitgliedskliniken zwischen Main und Bodensee ist es ein großen Manko, dass deren Finanzierung die wirtschaftliche Situation im Südwesten nicht abbildet. „Es muss im Gesetz klar verankert werden, dass das überdurchschnittliche Lohnniveau bei der Festlegung der Krankenhauserlöse berücksichtigt wird“, forderte Piepenburg. Schließlich stünden die Südwest-Kliniken als Ausbildungsstätte im Wettbewerb mit Arbeitgebern wie Daimler. Von den Plänen einer Integrierten Ausbildung für Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege hält die BWKG allerdings wenig. Die Kapazitäten für eine solch komplexe Ausbildung seien nicht vorhanden.

Sanierungsstau von einer Milliarde

An die neue Landesregierung richtete der Verband die dringende Bitte, den Sanierungsstau von einer Milliarde Euro mit einem vier- bis fünfjährigen Sonderprogramm abzubauen. Überdies wünscht sich die BWKG, dass die jährliche Investitionsfinanzierung, unter anderem für Bauten und Großgeräte, um 150 Millionen auf 600 Millionen hochgefahren wird. Manche Klinikgebäude wirkten abgewohnt, sagte Piepenburg. Aber: „Es geht nicht nur um Ästhetik, es geht um Funktionalität dabei.“

Nach Überzeugung Luchas kommt das Land seiner Verantwortung für die Investitionsförderung nach. In der vergangenen Legislaturperiode seien die Landesmittel für die Krankenhäuser um mehr als 30 Prozent erhöht worden. Die SPD und die FDP im Landtag kritisierten den Koalitionsvertrag als zu vage. Lucha müsse die Frage beantworten: „Welche Angebote soll es wo im Land zu welcher Qualität geben?“, sagte der FDP-Experte Jochen Haußmann. Sein SPD-Pendant Rainer Hinderer forderte konkrete finanzielle Zusicherungen.