Von Lorena Greppo

Stuttgart - Die Zeiten, in denen beim Dreikönigstreffen der FDP wegweisende Entscheidungen verkündet wurden, sind lange vorüber. Gestern steht im Stuttgarter Opernhaus der Kampf um die politische Relevanz im Vordergrund - die Rückkehr in den Deutschen Bundestag hat oberste Priorität. Es gehe um den „Wiederaufstieg der freien Demokratie“, eröffnet Landesvorsitzender Michael Theurer die Veranstaltung. Im Jahr zuvor hatte er an gleicher Stelle das Ziel von mindestens acht Prozent bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg ausgegeben. „Ich melde Vollzug“, ruft er nun.

Geht es nach der FDP, so war dieses Ergebnis nur der Anfang. Weitergehen soll es ähnlich bei den Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, bevor dann die alles entscheidende Bundestagswahl ansteht. Wolfgang Kubicki, stellvertretender Bundesvorsitzender und Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein, gibt sich zuversichtlich. In Umfragen liege seine Partei bei neun bis zwölf Prozent und die Konkurrenz mache die Ausgangslage zudem komfortabel: „Die CDU ist so grottenschlecht, dass man da gar nicht weiter darüber reden muss.“ Als er die Forderung der Nord-CDU nach einer Schweinefleisch-Pflicht in öffentlichen Kantinen erwähnt, hat Kubicki die Lacher auf seiner Seite.

Auch auf Bundesebene äußert der Partei-Vize scharfe Kritik an der Politik der Union: Mit seinen Reformvorschlägen für die Innere Sicherheit wolle Innenminister Thomas De Maizière von „unglaublichem Behördenversagen“ ablenken. Man benötige keine schärferen Gesetze, sondern politischen Willen, die bestehenden Gesetze anzuwenden. Zudem müsse man Polizei und Justiz personell sowie technisch verstärken.

Keine Politik der Angst

Ähnlich argumentiert der Parteivorsitzende Christian Lindner. Er wirft dem Innenminister vor, einen „Show-Biz-Wahlkampf“ zu betreiben. So könne man dem Rechtspopulismus nicht beikommen. Auch kritisierte er, dass oft mit Angst Politik gemacht werde - mit besonderem Verweis auf die AfD. Das führe zu hektischen, unüberlegten Reaktionen. Wer wie die CSU auf die Angst vor Islamisierung mit der Forderung nach Verankerung einer christlichen Leitkultur im Grundgesetz reagiere, spiele Islamisten in die Hände. Dann mache man Religion überhaupt zum politischen Thema.

Und so gibt sich die FDP als Stimme der Vernunft in turbulenten Zeiten: „Die Politik der Mitte muss zur Staatsräson werden“, fordert Lindner. Viele Themen, die von der Politik debattiert werden, hätten wenig mit der Lebensrealität des Durchschnittsbürgers zu tun. Lindner nennt als Beispiele eine Pkw-Maut, die mehr behördlichen Aufwand schaffe als Einnahmen generiere, sowie Unisex-Toiletten an öffentlichen Gebäuden.

Die Menschen bräuchten einen Staat, der sie „im Alltag in Ruhe aber bei wichtigen Fragen nicht im Stich lässt“. Wenn sich die Politik aber überwiegend mit zwei Gruppen beschäftige - Flüchtlingen und Superreichen - dann frage sich der Bürger natürlich: Wo bleibe ich? Lindner stellt auch die Prioritäten des Rechtsstaates in Frage. Auf der einen Seite habe sich dieser im Fall des mutmaßlichen Berliner Attentäters Amri als handlungsunfähig erwiesen, zugleich müsse man sich in Acht nehmen, wenn man auf Sylt Sandburgen baue. Denn das - „kein Witz“ - sei dort wegen Stolpergefahr verboten.

Die FDP steckt für ein Schicksalsjahr die Themen ab. Man stehe, so Lindner, „in der vernünftigen Mitte“. In einer Zeit, in der „Debatten rauer, Argumente lauter und Auseinandersetzungen schärfer“ werden, wollen die Liberalen mit Besonnenheit kontern. In den vergangenen vier Jahren habe man gelitten, als man zuschauen musste, wie andere Regierung und Opposition stellten. Das soll in den nächsten vier Jahren anders werden.