Schilder zeigen das Motto "Nürtingen ist bunt". Foto: SDMG - SDMG

Nürtingen/Koblenz (dpa/lsw) - Die baden-württembergische AfD hat die Medien erneut von der Berichterstattung über ihren Parteitag ausgeschlossen. Es sei mit großer Mehrheit entschieden worden, dass die Journalisten nicht bei der Nominierung der Kandidaten der Bundestagswahl zugelassen werden, sagte ein Sprecher der Partei am Samstag in Nürtingen. Damit folgten die Mitglieder einer Empfehlung des Landesvorstandes, obwohl sich der AfD-Bundeschef und baden-württembergische Fraktionschef Jörg Meuthen sowie die Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Alice Weidel, dagegen ausgesprochen hatten.

Der Parteitag wurde begleitet von Protesten. Zur Begründung des Ausschlusses hieß es, man erwarte keine faire und ausgewogene Berichterstattung. Bei 100 Bewerbern um die noch 29 Listenplätze sei es nicht ausgeschlossen, dass sich einer „unglücklich ausdrücke“. Die Partei befürchte, dass sich die Medien auf diese Äußerungen konzentrierten. Bei der Abstimmung habe es auch einen Gegenantrag gegeben, sagte der Sprecher. Journalisten-Vertreter hatten zuvor gegen die Beschneidung der Pressefreiheit protestiert. „Die Rechtspopulisten treten die Pressefreiheit ganz bewusst mit Füßen“, sagten die Grünen-Landesvorsitzenden Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand. Mit demselben Argument wie in Nürtingen hatte die AfD der Öffentlichkeit beim ersten Nominierungsparteitag Ende vergangenen Jahres in Kehl den Zutritt verweigert. Dort waren innerhalb von zwei Tagen 9 von 38 Listenplätzen besetzt worden.

Wie in Kehl ist zum Abschluss der Veranstaltung am Sonntagnachmittag auch in Nürtingen eine Pressekonferenz anberaumt. Auch vom Kongress europäischer Rechtspopulisten am Samstag in Koblenz unter anderem mit AfD-Bundeschefin Frauke Petry waren einige Medien ausgeschlossen worden. Die AfD im Südwesten hatte zuvor auf den Ausschluss der Öffentlichkeit bei Veranstaltungen anderer Parteien hingewiesen, so bei einem SPD-Konvent zum Freihandelsabkommen Ceta zwischen Kanada und der EU. Beim Landesparteitag im März will die AfD die Medien zulassen.

Vor der Stadthalle in Nürtingen hatten sich zahlreiche Gegendemonstranten versammelt. Sie trugen Plakate mit Aufschriften wie „Vielfalt statt Einfalt“ oder „Gegen Rassismus und Unmenschlichkeit - No AfD“. Unter dem Slogan „Nürtingen ist bunt“ war der zentrale Platz mit bunten Plakaten und Fahnen geschmückt worden. Redner bedauerten einen Rechtsruck in Deutschland und Europa. Die Lebensumstände der Menschen verschlechterten sich. Ängste um Arbeitsplätze und bezahlbares Wohnen seien der Nährboden für rechte Kräfte, die einfache Antworten böten. Die Polizei zählte zeitweise bis zu 400 Demonstranten. Sie marschierten zwei Mal durch die Innenstadt. In der Nähe der AfD-Veranstaltung war in einem Parkhaus eine Rauchbombe gezündet worden; vor der Stadthalle flogen Eier und Tomaten. Verletzt wurde den Angaben zufolge niemand. Die zum Teil berittene Polizei des Polizeipräsidiums Reutlingen wurde von Einsatzkräften aus Göppingen unterstützt.