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In der Schulpolitik kann man es selten allen Recht machen. Ganz unterschiedlich äußern sich Lehrer und Verbände zu dem Kompromiss der Koalitionsgespräche im Südwesten. Die Gymnasiallehrer wollen Grün-Schwarz mit einer Online-Petition auf ihren Kurs bringen.

Der Schulkompromiss der grün-roten Koalitionäre in spe stößt bei immer mehr politischen und pädagogischen Akteuren auf Kritik. In einer Online-Petition sammelt der Philologenverband (PhV) im Land Unterstützer für die Wahlfreiheit der Schulen, acht- oder neunjährige Zügen zum Abitur einzurichten. Seit dem Start der Seite am Montagnachmittag unterstützen am Mittwochnachmittag fast 900 Menschen die Forderung der Gymnasiallehrer im Internet.

Rückendeckung kommt vom PhV-Bundesverband und dem Realschullehrerverband, die «faule Kompromisse» von Grün-Schwarz zu Lasten eines differenzierten Bildungssystems fürchten. Die Junge Union (JU) in Nordwürttemberg und Südbaden erklärte, das Thema Gemeinschaftsschule müsse noch einmal auf den Verhandlungstisch. Die Arbeitgeber Baden-Württemberg hingegen begrüßten den Kompromiss.

Aus Sicht der JU-Bezirksverbände kommt ein weiterer Ausbau der Gemeinschaftsschulen nicht in Frage, vor allem wenn sie durch eine gymnasiale Oberstufe ergänzt werden. Dies sei ein Grund, die Verhandlungen platzen zu lassen. Es dürfe auch kein Tabu sein, die Wahl des Ministerpräsidenten vom 12. Mai nach hinten zu verschieben, um den Diskussionsbedarf in der Partei zu befriedigen.

Zur Begründung der PhV-Petition heißt es, die vorherrschenden achtjährigen Züge seien ein gutes Angebot für sehr leistungsstarke Schüler. Ein Großteil der gymnasialen Schülerschaft würde demzufolge aber von einem Jahr mehr Zeit profitieren. Der PhV-Bundeschef Heinz-Peter Meidinger pflichtete dem bei und erinnerte daran, dass in Baden-Württemberg 80 Prozent der Bevölkerung eine weitgehende Rücknahme der verkürzten Schulzeit wünschten.

Ganz anders argumentierten die Arbeitgeber Baden-Württemberg, die den Schulkompromiss überwiegend positiv bewerteten. Sie warnten vor einer Rückkehr zum neunjährigen Abitur an allgemeinbildenden Gymnasien. «Denn dies wäre überflüssig, teuer und würde nicht mehr ins Gesamtkonzept passen», sagte Hauptgeschäftsführer Peer Michael Dick.

Die Einigung auf ein Zwei-Säulen-Modell mit Gymnasien und einen zweiten Schultyp, der sowohl den mittleren als auch den Hauptschulabschluss anbietet und den Anschluss an gymnasiale Standards sicherstellt, entspreche den Vorstellungen des Verbandes. In der zweiten Säule stehen Realschule und Gemeinschaftsschule nebeneinander, denen zur Freude der Arbeitgeber jeweils eigenständige Entwicklungsperspektiven gegeben werden.