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In Sachen Abitur ist Deutschland ein Flickenteppich: Die Frage, ob das Abi nach acht oder nach neun Jahren gemacht werden soll, wird an vielen Schulen unterschiedlich beantwortet. Auch in Baden-Württemberg soll das so bleiben.

Gymnasien mit neunjähriger Schulzeit wird es nach Angaben der Landesregierung auch auf lange Sicht in Baden-Württemberg geben. Zwar bleibe die achtjährige Schule (G8) Regelform des Gymnasiums in Baden-Württemberg, aber die G9-Standorte würden abgesichert, sagte die neue Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Derzeit bieten 44 der 378 öffentlichen Gymnasien in Baden-Württemberg die Möglichkeit zum neunjährigen Weg an. Die G9-Modellschulen waren unter Grün-Rot auf Druck der SPD eingeführt worden.

Die CDU hatte sich im Wahlkampf dafür ausgesprochen, dass die Gymnasien selbst über G8 oder G9 entscheiden sollen. Im Laufe der Koalitionsgespräche mit den Grünen nahmen die Christdemokraten aber Abstand von der Forderung. Die CDU-Politikerin Eisenmann sieht die einstige Haltung ihrer Partei im Rückblick durchaus kritisch, sie ist hier gegen flexible Lösungen. «Ich muss ehrlich sagen, Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 an einem Standort hätte ich nicht befürwortet, weil es für die kommunalen Schulträger schwierig wird, diese umzusetzen», sagte sie mit Blick auf Klassenräume und Klassengrößen.

Die überwiegende Mehrheit der Mütter und Väter akzeptierten inzwischen den G8-Weg, sagte die bisherige Stuttgarter Schulbürgermeisterin Eisenmann. Zugleich äußerte sie aber mit Blick auf Forderungen nach G9 Verständnis, «dass Eltern gerade in der Pubertät ihrer Kinder mehr Zeit lieber wäre». Eisenmann war auch Vorsitzende im Bildungsausschuss des Städtetags Baden-Württemberg.

Unklar ist noch, wie der Bestandsschutz der 44 als «Schulversuch» geltenden G9-Gymnasien technisch umgesetzt wird. Denn Modellversuche sind per Definition zeitlich begrenzt. Vor diesem Hintergrund lässt der grün-schwarze Koalitionsvertrag Interpretationsspielraum zu. Dort heißt es: «An den 44 G9-Modellschulen wollen wir den Schulversuch unverändert weiterführen.» Bliebe es aber bei dem «Versuch», hätte die erste Tranche der G9-Gymnasien letztmalig 2017/18 Fünftklässler aufnehmem können, die zweite Tranche 2018/19. Nun machte Eisenmann aber klar, dass ein Ende des G9-Weges keineswegs in Sicht sei und auch nicht angepeilt werde.

Der Landeselternbeirat (LEB) äußerte sich erleichtert, dass G9 auch über die Zeit des Schulversuchs hinaus bestehen bleiben soll. «Alles andere wäre politischer Selbstmord», sagte Verbandschef Carsten Rees. Er hält ein flexibles Kurssystem für wünschenswert. «So könnten die Schüler das Abitur im eigenen Takt nach 8, achteinhalb oder 9 Jahren ablegen.»