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Berlin (dpa) - Die Grünen-Spitze will sich vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann nicht in einen Streit über das Prinzip der Doppelspitze hineinziehen lassen. „Diese Debatte hatten wir schon häufiger. Sie macht jetzt keinen Sinn“, sagte Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt gestern in Berlin.

Die Grünen sollten sich lieber auf Inhalte konzentrieren, statt „längst entschiedene Strukturdebatten wieder aufzumachen“, sagte auch Göring-Eckardts Ko-Vorsitzender Anton Hofreiter. Beide wollen im Herbst Spitzenkandidaten ihrer Partei für die Bundestagswahl werden. Kretschmann, der bei der Landtagswahl am 13. März historische 30,3 Prozent für die Grünen geholt hat, hatte in der „Süddeutschen Zeitung“ gegen das Prinzip gestichelt. Es sieht vor, dass Spitzenpositionen im Bund mit einem Mann und einer Frau besetzt werden. Das sei damals grundsätzlich vernünftig gewesen, sagte Kretschmann, inzwischen müsse es aber auch ein Vertreter des linken und des Realo-Flügels sein. „Nur, in der Politik muss man sich für den einen oder den anderen Weg entscheiden.“ Er habe in dieser Hinsicht aber längst resigniert.

Bundesgeschäftsführer Michael Kellner stellte klar, dass sich erst einmal nichts ändern werde. Beim Parteitag im vergangenen November habe die Partei beschlossen, per Urwahl ab September ein Spitzenduo für die Bundestagswahl 2017 zu bestimmen. „Das wäre der Zeitpunkt gewesen, zu beantragen, dass wir nur eine Spitzenperson wählen sollen.“ Das habe aber keiner getan. Neben Göring-Eckardt als einziger Frau und Hofreiter haben sich auch Parteichef Cem Özdemir und der Vize-Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Robert Habeck, um die Spitzenkandidatur beworben.

Inzwischen eine Flügelquote?

Mehrere prominente Grüne verteidigten das Doppel-Prinzip gestern als Mittel der Gleichberechtigung. „Wir sind für die Doppelspitze, auch weil wir wissen, wie weit wir von Chancengleichheit bei der Besetzung von Spitzenpositionen in allen Gesellschaftsbereichen entfernt sind“, sagte Parteichefin Simone Peter. Die Doppelspitze sei eine feministische Errungenschaft und keine Flügelquote, sagte Gesine Agenda, die frauenpolitische Sprecherin im Bundesvorstand.

Unterstützung für Kretschmann kam hingegen vom Bundestagsabgeordneten Dieter Janecek. „Die Wahrheit ist doch, dass bei der Besetzung der Doppelspitze Flügelproporz oft eine wichtigere Rolle spielt als die Geschlechterfrage. Diese Art der Auswahl hat sich überholt“, sagte er. Und auch Göring-Eckardt räumte ein, dass Kretschmann in einem Punkt mit seiner Kritik Recht habe: „Personalisierung ist wichtig. Und das werden wir im Wahlkampf auch machen.“