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Wenn Sextäter freikommen, bekommen sie manchmal eine Fußfessel. Damit soll garantiert sein, dass sie sich von bestimmten Orten fernhalten. Nun soll der Anwendungsbereich ausgeweitet werden - macht das Sinn?

Stuttgart (dpa/lsw) - Für die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist der nun diskutierte Einsatz von elektronischen Fußfesseln bei islamistischen Gefährdern kein Allheilmittel. Wenn man an die Kontakte eines Gefährders herankommen wolle, sei eine Fußfessel eher hinderlich, sagte Landeschef Hans-Jürgen Kirstein der Deutschen Presse-Agentur am Montag in Stuttgart. Ein Gefährder mit Fußfessel werde sich vermutlich zurückhalten, sein altes Netzwerk zu pflegen. Fußfesseln seien dann sinnvoll, wenn es nur darum gehe, den Standort zu ermitteln. Sie könnten die Beamten bei der Beobachtung entlasten.
Als Gefährder stufen die Sicherheitsbehörden Extremisten ein, denen sie einen Anschlag zutrauen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat als Reaktion auf die Gewalt- und Terrortaten im vergangenen Sommer in München, Ansbach und Würzburg einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Fußfessel für aus der Haft entlassene Extremisten zulässt. Er will an diesem Dienstag mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) über Konsequenzen aus dem Lkw-Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten beraten.
Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf (CDU) begrüßte den von Justizminister Maas vorgelegten Gesetzentwurf für elektronische Fußfesseln für Gefährder. „Es ist höchste Zeit, dass wir die elektronische Fußfessel bei verurteilten terroristischen Gefährdern einsetzen“, sagte er. Zwar sei die Fußfessel kein Wundermittel bei der Verbrechensbekämpfung. „Sie ist aber ein weiterer Baustein, die bestehenden technischen Möglichkeiten zu nutzen, um die Gefahr terroristischer Anschläge zu verringern“, sagte Wolf.
Der Gesetzentwurf könne allerdings nur ein erster Schritt sein. „Wir müssen insbesondere über eine Ausweitung auf andere Straftaten und über die nach wie vor zu strengen Anwendungsvoraussetzungen sprechen“, sagte Wolf. „Darüber hinaus muss die Fußfessel auch dort möglich sein, wo noch keine Verurteilung, aber gleichwohl eine erhebliche Gefahr für die Öffentlichkeit vorliegt.“
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke meinte hingegen, es gebe bereits viele Möglichkeiten, Gefährder zu überwachen - sie würden aber nicht alle ausgeschöpft. „Wir haben seit Jahren vor allem ein Rechtsdurchsetzungs- und kein Rechtssetzungsdefizit.“
Seit 2011 gibt es in Deutschland die Möglichkeit, die Fußfessel zur Überwachung rückfallgefährdeter Gewalt- und Sexualverbrecher nach der Verbüßung ihrer Haftstrafe anzuwenden. Infrage kommt sie zum Beispiel für aus der Sicherungsverwahrung entlassene Täter. Angeordnet wird sie vom Gericht, das Bereiche festlegt, in denen sich ein Ex-Häftling nicht aufhalten darf. Bei Sextätern könnten das zum Beispiel Kindergärten und Spielplätze sein. Wenn ein Betroffener gegen Auflagen verstößt, sich außerhalb einer bestimmten Zone bewegt oder den Sender manipuliert, geht Alarm los, der dann in der gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle im hessischen Bad Vilbel eingeht.
In Baden-Württemberg hatten Ende 2016 fünf solcher Straftäter eine Fußfessel. Damit rangiert das Bundesland im Mittelfeld. Spitzenreiter war Bayern mit 31 elektronischen Fußfesseln zum Jahresende. Es gibt aber auch Bundesländer, die das Instrument gar nicht anwenden - zum Beispiel Schleswig-Holstein. Ende 2016 gab es bundesweit 88 Täter mit Fußfesseln - das war ein Höchststand seit der Einführung. Einem Straftäter in Baden-Württemberg gelang es bislang, sich absichtlich eine elektronische Fußfessel selbst zu entfernen.