Stuttgart (lsw) - Der baden-württembergische Industrieverband hat von der Landesregierung ein klares Bekenntnis zum Freihandel gefordert. Es gebe immer wieder Gegner gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA, sagte der Präsident des Landesverbandes von Baden-Württembergs Industrie (LVI), Hans-Eberhard Koch, gestern in Stuttgart. In der Landesregierung herrscht Uneinigkeit: Während die CDU geschlossen dafür ist, lehnt die Grünen-Landespartei sie ab. Die Grünen-Fraktion und die Regierungsspitze nehmen dagegen eine gemäßigtere Haltung ein und wollen dem Abkommen im Bundesrat nur unter bestimmten Bedingungen zustimmen.

„Wir fördern im Moment den Protektionismus“, warnte Koch. „Das wird uns ganz gewaltig in die Glieder fahren.“ Auch die unabsehbaren Folgen des Brexit-Votums sorgten in der Wirtschaft für Unsicherheit. „Die EU muss unmissverständliche Signale für Geschlossenheit senden und den Willen zur Zusammenarbeit mit den übrigen EU-Mitgliedern und anderen europäischen Volkswirtschaften zeigen“, sagte Koch.

Erst vergangene Woche hatten mehrere Wirtschaftsverbände, darunter auch der LVI, im Südwesten vor einem Scheitern der EU-Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada gewarnt. „Das wäre eine große Entlastung für unsere mittelständisch geprägte Industrie in Baden-Württemberg“, sagte Koch mit Blick auf schon weiter gediehene Abkommen mit Kanada. Am Wochenende waren bundesweit Zehntausende gegen die Abkommen auf die Straße gegangen.

Wie abhängig insbesondere die baden-württembergische Industrie vom Außenhandel ist, zeigt sich in diesem Jahr. Weil positive Währungseffekte aus dem vergangenen Jahr ausblieben und sich die Geschäfte mit Schwellenländern nicht wie geplant entwickelten, hat der Industrieverband seine Wachstumsprognose nach dem ersten Halbjahr auf 0,8 Prozent halbiert. „Das ist die Kehrseite der stark exportorientierten Wirtschaft in Baden-Württemberg“, sagte Koch.

Schon im Juli hatte das Statistische Landesamt die Konjunkturprognose für die gesamte baden-württembergische Wirtschaft von 1,5 Prozent Wachstum auf 0,5 Prozent gekappt.